Der Weg zum eigenen Buch – 4

Kapitel 4: Handwerkszeug oder der Kampf gegen den inneren Schweinehund 

Ich arbeite gerne an einem aufgeräumten Schreibtisch – für die äußere Ordnung musste ich aber erst mal für eine innere Ordnung sorgen. Wo wollte ich meine Geschichte ansiedeln? Die Entscheidung war recht schnell getroffen: in meiner sehr geschätzten Wahlheimat Wiesbaden, die mich bis heute mit ihren prachtvollen Altbauten und historischen Villengebieten begeistert, die aber auch als konservativ und überaltert gilt – also genau die richtige Kulisse für eine „provozierende“ Liebesbeziehung. 😉

Wie sollten die Hauptpersonen heißen? Deren Namen fielen mir quasi zu – die Protagonistin sollte Marie heißen, der Protagonist Jan-Josef. (Letzteres blieb nicht so, dazu später mehr). Als nächstes legte ich seitenweise Biografien aller Figuren an (Name, Aussehen, Charaktereigenschaften, Gewohnheiten, Vorlieben – unbedingt nötig, um den Überblick übers „Personal“ zu behalten und um eindeutige Charaktere zu schaffen). Dann erstellte ich einen detaillierten Zeitplan (auch das erwies sich im Nachhinein als äußerst nützlich), denn der Plot, das war mir schnell klar, sollte sich über mehrere Jahre hinziehen. Und dann schrieb ich und schrieb ich und schrieb ich. Das hört sich einfach an, wurde aber immer wieder von tiefsten Zweifeln unterbrochen – kann ich das, schaffe ich es, über einen ganzen Roman hinweg den Spannungsbogen zu halten, sind die Charaktere glaubwürdig? Und will ich das überhaupt – Stunde um Stunde am Schreibtisch sitzen, obwohl die neu gewonnene Freiheit nach langen, harten Berufsjahren lockte, der Garten nach mir rief, das Fahrrad einladend am Zaun lehnte, das erste Enkelkind behütet und bewundert werden wollte ? Ich blieb dran und das rechnete ich mir hoch an. Doch immer wieder kam mir das Leben dazwischen: alte Eltern, junge Enkel, der ganz normale Alltag mit Dreck in der Wohnung, Unkraut im Garten, Arztterminen und was es sonst noch so alles an Dingen gibt, die einen zielsicher vom Schreibtisch fern halten. Vom inneren Schweinehund mal ganz zu schweigen. Aber schon in einem recht frühen Stadium merkte ich, wie ich mich organisieren musste, wenn ich das Ding jemals zu einem Ende bringen wollte. Davon nächstes Mal mehr.

Der Weg zum eigenen Buch – 3

Kapitel 3: Los geht’s oder Fragen über Fragen

Als ich im Rahmen meines Fernstudiums Belletristik aufgefordert wurde, einen Romananfang zu schreiben, verfasste ich folgenden Text: Eine knapp vierzigjährige Frau erzählt ihren Freunden, dass sie im Job einen dreizehn Jahre jüngeren Mann kennengelernt hat und dabei ist, sich in ihn zu verlieben. Mitsamt der teilweise harschen und entmutigenden Reaktionen der Freunde. Die Lektorin fand das Thema spannend und ermutigte mich weiterzumachen. Ich setzte mich also eines Tages feierlich an meinen Schreibtisch, öffnete den Laptop, legte eine Datei mit einem Arbeitstitel (Ein ungleiches Paar) an und begann mit der Arbeit an meinem ersten Roman. Das ist jetzt fast vier Jahre her!

Manche Tage schüttelte ich den Kopf über das, was ich zu Papier gebracht hatte, an anderen Tagen dachte ich, ooch, das ist vielleicht doch nicht so schlecht. Den groben Bogen der Geschichte, den Plot, hatte ich schnell entworfen. Aber es galt viele Fragen zu klären: Wann und wo sollte die Geschichte spielen? Wie viele Charaktere würde ich benötigen, um die Reaktionen der Umwelt auf das Thema „Ältere Frau liebt jüngeren Mann“ glaubhaft darzustellen? Wie nah an unserer eigenen Geschichte durfte es sein? Welchen Namen sollten meine Protagonisten tragen? Die Antworten gibt es nächste Woche.