Der Weg zum eigenen Buch – 9

Kapitel 9: Professionalität muss sein oder von Hurenkindern und Schusterjungen

Die Lektorin hat nicht nur (erschreckend viele) Fehler korrigiert, sie hat mir vor allem Mut gemacht, die Hauptperson im Roman mehr Gefühle zeigen zu lassen. Davor hatte ich mich immer gescheut, zum einen aus Angst, kitschig zu werden, und zum anderen kam mir in die Quere, dass die Protagonistin zwar Ähnlichkeiten mit mir hat, aber keineswegs mit mir identisch ist. Beim Durchlesen und Prüfen des Manuskriptes habe ich Stellen, an denen ich Zweifel hatte, immer rot markiert. Und nun war es ein erhebendes Gefühl, diese roten Stellen nach und nach aufzulösen. Wobei es auch manchmal echt schwierig war, sich für eine endgültige Variante zu entscheiden und die anderen (natürlich auch tollen;-) ) Formulierungen ins Nirwana zu schicken. Dieses Gefühl, auf die endgültige Fassung hinzutreiben – es war wunderbar und wehmütig zugleich – eine Achterbahn!

Es kam der Tag, an dem ich das Manuskript für fertig erklärt habe. Ein großer Tag! Aber ein Manuskript ist noch lange kein Buch und ein Buch will auch gelesen werden …

Es galt nun, sich um den Satz des Innenteils zu kümmern. Das bedeutete, eine Formatvorlage zu erstellen – also Satzspiegel, Schriftart, Laufweite und Durchschuss der Schrift zu bestimmen. Und dann Seite für Seite durchzugehen und unschöne Trennungen zu beseitigen und Hurenkinder und Schusterjungen (einzelne Zeilen eines Absatzes am Seitenende oder –anfang) auszumerzen. Und sich Gedanken über das Cover zu machen. Letzteres war leicht. Mein Mann hatte kürzlich ein geniales Foto gemacht – eins unter vielen, aber dieses gefiel mir besonders gut und es passte inhaltlich prima zur Geschichte. Was soll ich sagen: Das Ding ist jetzt in Druck, jetzt heißt es warten und Luft anhalten! In der nächsten, der letzten, Folge werde ich euch das fertige „Werk“ präsentieren.

Wie ein Markenfan ins Wanken geriet

Bei einigen Dingen bin ich sehr markentreu, zum Beispiel bei einer bestimmten blauweißen Hautpflege. Und meiner Bank und meiner Versicherung halte ich seit Jahren treudoof die Stange. Das gilt auch für Zeitschriften und Zeitungen. Ich liebe die F.A.Z. (wenn auch erst, seitdem die aufmüpfigen Jahre vorbei sind) – und ganz besonders die Sonntagsausgabe, die F.A.S. Und jahrelang liebte ich meine BRIGITTE. Altersmäßig gereift probierte ich hin und wieder die BRIGITTE Woman. Dann beging ich einen strategischen Fehler, ich bat meinen Mann, das BRIGITTE Abo in ein BRIGITTE Woman Abo zu ändern. Glücklich geworden bin ich damit nicht. Ich finde die Zeitschrift gut, aber wenn ich irgendwo die normale BRIGITTE sehe, blutet mir ein wenig das Herz. Mir fehlen die leicht-lockeren bunten Seiten zwischendurch, die neuesten Trends, die Lese-, Kino-, Fernseh-, Musik-Tipps und all das, was mich den Puls der Zeit spüren lässt (das möchte ich nämlich auch noch mit 63 Jahren).

Aber nun kommt es: Ich stieß zufällig auf ein klassisches Me-Too-Produkt, die Freundin DONNA. Erst konnte ich mir gar nicht erklären, warum ich lieber zu dieser griff, als zu meiner abonnierten BRIGITTE Woman. Dann kam ich dahinter: die DONNA hat genau diesen Mix aus Leichtigkeit und Tiefe, Verspieltheit und Ernsthaftigkeit, den ich an der normalen BRIGITTE immer so geschätzt habe. Ich erzählte es einer Freundin und sagte, ich glaube, es liegt auch daran, dass die DONNA mehr Bilder hat als die Woman, dass die Seiten aufgelockerter sind. Weit gefehlt! Beim direkten Vergleich zeigte sich, dass das gar nicht stimmt. Aber zum einen ist der Satzspiegel bei der DONNA  schmaler und zum anderen die Schrift  kräftiger, beides Dinge, die das Lesen wesentlich angenehmer machen. Dies im Verbund mit den aufgelockerten Inhalten ist sehr attraktiv. Die DONNA versteht also nicht nur ihr grafisches Handwerk (besser), sie berücksichtigt auch, dass für ältere Menschen Lesefreundlichkeit extrem wichtig ist.

Und ich fühle mich von ihr mehr abgeholt in meinem Wunsch, am bunten Strauß des Lebens teilzunehmen. Und noch etwas fehlt mir bei der Woman, was die DONNA mir gibt: die Vorschau auf das nächste Heft, die Lust auf kommende Themen macht und mich dazu veranlasst, mir eine Notiz im Kalender zu machen „ DONNA kaufen“. Anstatt mich über meine Neuentdeckung zu freuen, bin ich nun traurig. Ich bin doch so markentreu!