„Was in zwei Koffer passt, Klosterjahre“, von Veronika Peters

Es ist schon eine ganze Weile her, dass dieses Buch überall besprochen wurde und auf der SPIEGEL-Bestsellerliste stand – es war 2007. Ich hatte es damals auf meiner Leseliste, dann habe ich es aus den Augen verloren, aber nun geschenkt bekommen und gerne gelesen.

Der Inhalt ist bekannt: Eine junge Frau (sehr jung – dass sie erst 21 Jahre alt ist, hat mich dann doch erstaunt) tritt ins Kloster ein, legt allen Widerständen zum Trotz ihr Gelübde ab – und verlässt das Kloster nach zwölf Jahren wieder, was einen nicht wirklich überrascht.

Das Buch ist gut geschrieben, locker, leicht, an einigen Stellen durchaus witzig, wobei sie da manchmal überzieht. Man erfährt eine Menge über die Abläufe im Kloster und über die „Laufbahn“ einer Nonne. Die Ich-Erzählerin stellt sich immer wieder die Frage nach dem Warum und Wieso ihres Eintritts und prüft sich, warum sie trotz aller Widerstände und Zweifel dort bleibt. Es fällt aber schwer, ihr diese inneren Auseinandersetzungen abzunehmen. Denn, je größer die Skepsis, die ihr entgegengebracht wird, desto größer ihre Entschlossenheit, die verschiedenen Stufen der Gelübdeablegung zu schaffen.

Glaubhaft schildert sie, wie sie manche Aspekte des Klosterlebens schätzen und lieben lernt, vor allem die geistlichen Gesänge und die Texte der alten geistlichen Meister begeistern sie. Obwohl persönliche Beziehungen im Kloster unerwünscht sind, knüpft sie engere Bande, in erster Linie mit einer älteren Nonne, die ihr vielleicht Mutterersatz ist. Psychologische Deutungen drängten sich mir immer wieder auf während des Lesens, denn bis zum Schluss bleibt die Frage unbeantwortet, was sie im Kloster sucht. Für Veronika Peters, so der Eindruck, dessen ich mich einfach nicht erwehren konnte, ist die Klostergemeinschaft eine Art Ersatzfamilie. Sie würde jetzt wohl sagen: „Sie haben gar nichts verstanden!“ Mag sein, aber sie bleibt ja andere Antworten schuldig.

Die Erzählerin weigert sich beharrlich, als man ihr Botengänge außerhalb des Klosters auftragen will und wehrt sich vehement, wenn auch vergeblich, gegen die ihr übertragene Aufgabe, die klostereigene Buchhandlung umzukrempeln und zu führen – zu weit am Rand des klösterlichen Lebens erscheint ihr diese Aufgabe, und der Leser weiß warum – den Verlockungen des Lebens „da draußen“ wird sie auf Dauer nicht standhalten können.

Ans Herz gewachsen ist mir die Protagonistin nicht. Aber abgesehen davon, dass ich es sehr interessant fand, so viel über das Innenleben eines Klosters zu erfahren, fand ich es gut, mich immer wieder selber mit Fragen zu konfrontieren, wie halte ich es mit dem Glauben, wäre das eine Lebensform für mich, was möchte ich, was von meinem Leben bleibt.

In ihrer Anfangszeit wird die Autorin von einer Mitschwester ermuntert nicht aufzugeben, diese steckt ihr einen Spruch zu. Sie fühlt sich von der Geste getröstet, sagt aber auch in ihrer typischen Schnoddrigkeit: „keine Ahnung, was der Spruch bedeutet.“ Mir gefällt er und er macht Sinn, für weltliches wie geistliches Leben gleichermaßen:

„Wir müssen unsere Segel in den unendlichen Wind stellen, erst dann werden wir zu voller Fahrt in der Lage sein.“ Alfred Delp

„Die hellen Tage“, von Zsuzsa Bánk

Endlich bin ich wieder auf ein Buch gestoßen, das etwas in mir zum Klingen bringt, das ich während des Lesens immer wieder sinken lasse, um den Sätzen nachzuspüren, die mich auf die eine oder andere Weise verzaubert haben. Zäh zogen und zerrten aber die ersten Zeilen und Seiten an mir, hatten ihre Mühe mich herauszuholen aus meiner durchgetakteten Alltagswelt. Es geschieht wenig, und die Sätze sind sehr, sehr lang. Erst nachdem ich diese gewisse Ungeduld (wann passiert etwas?) abgelegt hatte, konnte ich genießen – und wie!

Darum geht es: Das Leben dreier Kinder wird beschrieben, ihre keinesfalls makellosen, aber oft hellen Tage, ihr Weg ins Erwachsensein. Sie haben starke Mütter an ihrer Seite, die Väter spielen nur eine untergeordnete Rolle. Allen voran ist es Évi, die einen gefangen nimmt. Sie ist so anders als all die anderen Mütter (und Menschen), hat unglaublich hart zu kämpfen und überstrahlt dennoch alles. Und wie die Frauen sich gegenseitig unterstützen, nachdem das anfängliche Misstrauen verschwunden ist – da geht einem das Herz auf.

Obwohl ich erst die Hälfte der fünfhundert Seiten gelesen habe, weiß ich, ich werde sehr traurig sein (egal, wie es ausgeht), denn dies ist eins von den Büchern, nach deren Lektüre man glaubt, man werde für lange Zeit keines mehr finden, das einen so berührt. Die Sprache der Autorin ist poetisch und zupackend zugleich, sie spricht alle Sinne an und lässt sämtliche Personen wie leibhaftig vor einem stehen. Die Sätze fließen, lösen wohlige Gedanken ebenso aus wie wehmütige, wecken Erinnerungen:

„Wir fanden uns, wie sich Kinder finden, ohne zu zögern, ohne Umstände, und sobald wir unser erstes Spiel begonnen, unsere ersten Fragen gestellt hatten, verbrachten wir unsere Tage miteinander, fädelten sie auf wie an einer endlosen Kette, und hielten jede Unterbrechung, mit der andere uns trennten, für eine Zumutung.“

Dieses Buch tut gut, denn es lenkt den Blick auf das, was im Leben zählt: Freundschaft, Mitmenschlichkeit und die vielen kleinen, kostbaren Momente jedweder Art. Es lässt mich an einen Spruch von Mahatma Gandhi denken: „Es gibt Wichtigeres im Leben, als beständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen.“

Von Pins, Passwörtern und Coupons

„Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzelnen Tages sinnvoll zu ordnen, ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.“                                   Johann Wolfgang von Goethe

Er war klug, der Herr Geheimrat. Und recht hat er. Dabei waren ihm so einige heutige Nöte doch fremd. Ich denke da zum Beispiel an die ganzen Pins, Codes und Passwörter, die es sinnvoll zu organisieren gilt. Hat man sich ein Passwort – sprich Buchstabenansammlung nebst Ziffern und Zeichen – ausgedacht, soll man alles Schriftliche vernichten und sich das Konstrukt einfach merken. Kein Problem, wenn es sich um zwei oder drei Passwörter handeln würde! Und die Pins mit ihrer unseligen Aneinanderreihung sinnloser Zahlen – wem gelingt das schon, diese in einer Ecke des Gehirns auf Zugriff zu lagern? Also heißt es, sich so zu organisieren, dass die Daten keinem Unbefugten in die Hände fallen, man selber aber sie im Fall der Fälle auch wiederfindet. Alles andere als ein Kinderspiel …

Coupons treten neuerdings meist in Rudeln auf. Da trudelt dann gleich ein ganzer Bogen mit diesen leidigen Dingern ein, die die tollsten Schnäppchen versprechen, weshalb man es natürlich nicht fertig bringt, sie im Papierkorb zu versenken. Also verstaut man sie irgendwo – im Portemonnaie ist ja kein Platz, da sind die ganzen Kundenkarten drin – und hofft, sie im Fall der Fälle dabeizuhaben. Legt man dann stolz den richtigen Coupon für den richtigen Artikel mit der richtigen Kundenkarte vor, zum Bezahlen gerüstet mit der richtigen Geheimnummer, dann wird man freundlich darauf hingewiesen, dass das Datum für diese Aktion verstrichen sei. Steht doch schließlich drauf, ganz klein, ganz unten. Ich habe bisher noch keine überzeugende Lösung gefunden, weder, wie ich mit den Coupons umgehen soll, noch wie ich meine Zugangsdaten organisiere. Hat jemand eine Idee?