Daniela Krien, Die Liebe im Ernstfall

Ein Buch über fünf Frauen, überwiegend für Frauen? Männer kommen in diesem Buch schlecht weg. Sie sind verbissene Weltverbesserer, Wankelmütige, Weicheier und Fremdgeher – Ausnahmen bestätigen die Regel. Jede der fünf Frauen sehnt sich nach einer intakten Beziehung, doch alle kämpfen mit den Widrigkeiten der Liebe, mit Verletzungen, Verlusten und Brüchen, jede auf ihre ganz eigene Art und Weise. Es ist ein Kreislauf des Scheiterns, denn die Frauen stehen alle in einer Beziehung zueinander und was die eine gerade schmerzlich durchmacht, hat sie der anderen vielleicht selber zugefügt. Das ist perfekt analysiert und mit guter Beobachtungsgabe sprachgewandt auf den Punkt gebracht. Teilweise bissig, teilweise mit liebevoller Anteilnahme, immer sehr genau. Kriens Devise: „Man muss die Liebe vom Ernstfall aus betrachten.“ Ihr Interesse gilt also dem, was passiert, wenn das Leben grausam zuschlägt. Ihre Sichtweise ist kritisch: „Alle Erwachsenen richten je nach Grad ihrer Beschädigung mehr oder weniger Unheil in dieser Welt an.“

In jeder Frau findet man ein Stück von sich, findet man Gedankengänge, die einem vertraut sind. Allerdings auch vieles, was mir persönlich eher fremd ist. Was es aber interessant macht: Jede Lebensgeschichte wird von mehreren Seiten beleuchtet. Alle fünf Frauen sind miteinander verbunden und ihre Geschichten werden nacheinander erzählt, aber jeweils aus der Perspektive einer anderen. Und so etwas wie Frauensolidarität gibt es auch und damit einen optimistischen Ausblick – im Dankeswort schreibt die Autorin, dass ihre Tochter ein Faible für Happyends hat und dass sich das niedergeschlagen hat. Für dieses halbwegs positive Ende bin ich dankbar. Trotz aller Aufgeschlossenheit, die vom Leben geschlagenen Wunden nicht zu leugnen, sondern sehr wohl genau hinzugucken – zu düster wäre mir sonst die Grundstimmung gewesen. 

Fußball? Au ja! Frauen-Fußball? Na ja …

Fußball ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Lange galt es als unfein, sich für Fußball zu interessieren, aber inzwischen sind auch immer mehr Frauen mit Begeisterung dabei. Ich zähle dazu, seit langem. Was gibt es Spannenderes als mitzufiebern, ob der Lieblingsmannschaft das entscheidende Tor gelingt, mitzuleiden, wenn der Ball an die Latte prallt, sich die Haare zu raufen, wenn der Schiri falsch pfeift und mitzujubeln, wenn das Runde im (richtigen!) Eckigen landet! Bei den manchmal irrwitzigen Wendungen kann man alles um sich herum vergessen: Tore in allerletzter Minute, die über Meisterschaften entscheiden, übers Weiterkommen in Turnieren, über Aufstieg oder Abstieg, Tore, die aus fast unmöglicher Position fallen und Tore, die man am liebsten sofort wieder verdrängen möchte.

Momentan läuft die Fußball-Europameisterschaft der Frauen, eigentlich ein Fest für Fußball-Fans und somit auch für viele Frauen, eigentlich  … Ich gucke zwar die Spiele der Deutschen, aber der Funke will nicht so recht überspringen, und das liegt nicht nur daran, dass unsere Mädels so mäßig spielen. Warum hat der Frauenfußball so viel weniger Zuschauer? Das Spiel der Männer ist sicherlich schneller und dynamischer, aber inzwischen auch sehr Taktik-geprägt. Bei den Frauen gibt es häufig schönere Spielzüge und weniger Unterbrechungen. Und dennoch … Meine Beschämung über mangelnde Solidarität mit unseren Frauen ließ mich ins Grübeln kommen; ich habe für mich folgende Erklärung gefunden: Mir fehlt beim Frauenfußball die Geschichte dahinter. Deutschland gegen die Niederlande oder gegen Italien –  was für Lampen gehen da an beim Männerfußball – das sind absolute Klassiker.

Wer erinnert sich nicht noch an das bittere Ausscheiden von Deutschland in den allerletzten Minuten der Verlängerung im Halbfinale der Weltmeisterschaft 2006 gegen Italien, oder an das verlorene Spiel bei der Europameisterschaft 2012 und die Siegerpose des Mario Balotelli? Und ich weiß noch wie heute, wie ich 1974 hochschwanger im Wohnzimmer auf und ab hüpfte, beim Endspiel der Weltmeisterschaft, Deutschland gegen die Niederlande, und dann das Siegtor von kleines, dickes Müller bejubelte!

Aber das ist natürlich ungerecht, wie sollen solche Legenden entstehen, wenn nicht genug Menschen mit Begeisterung Frauenfußball schauen. Ich nehme mir also vor, mehr zu gucken! Ich freue mich aber doch schon sehr auf die übernächste Woche, in der wieder der Ball in der ersten Fußball-Bundesliga rollt, bei den Männern, versteht sich …