Sandra Lüpkes, Die Schule am Meer

Die auf Tatsachen beruhende Geschichte spielt auf Juist in den Zwanziger und Dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Nicht nur für Juist-Liebhaber ist es eine bereichernde Lektüre. Unaufgeregt erzählt Lüpkes von einer besonderen Schule, die sich trotz hehrer Ideale den aufziehenden dunklen Zeiten in Deutschland nicht entziehen kann.

Ich musste mich ein bisschen einlesen und mich an den recht spröden Erzählstil gewöhnen. Die Perspektive nimmt ständig andere Menschen in den Blick. Das ist interessant, aber so manches Mal hätte ich mir erhofft, mehr über die einzelnen Personen zu erfahren. Aber dennoch ergibt sich ein rundes und durchaus bewegendes Bild.

Und als ich das Buch zugeklappt habe, habe ich gemerkt, wie nah mir Schüler und Lehrer dieses mit so viel Herzblut gegründeten reformpädagogischen Internats gerückt sind. Das raue Leben auf der – im Winter manchmal wochenlang vom Festland abgeschnittenen – Insel wird einem gut nahegebracht. Beißende Kälte und schneidenden Wind meint man selber zu spüren. (Vielleicht weil ich ähnliches Wetter dort schon mal erlebt habe 😉 ) Und das Schulprojekt wird nicht idealisiert, sondern nüchtern dargestellt. Aber man begreift, um was es den Lehrern geht: Das lebendige Erfahren galt als ein Leitmotiv dieser Schule. Die Kinder sollten lernen, eher eine Frage zu viel als eine zu wenig zu stellen. 

Lüpke erzählt schnörkellos, aber mit schönen Formulierungen, treffenden Bildern und einer Prise Humor. Die Propeller begannen sich zu drehen, die Maschine hob ihr Hinterteil wie eine Wespe, die genug vom Pflaumenkuchen hatte. Geschickt eingeflochten sind die Andeutungen, wie Deutschland sich schleichend verändert, wie sich das auf das Inselleben auswirkt, und wie sich die Schlinge langsam zuzieht, auch an der Schule.

Einer der (prominenten) Internatsschüler war der Sohn von Ernst Leitz, der mit der Leica die erste Kleinbildkamera der Welt auf den Markt brachte. Das kam Lehrern und Schülern zugute, Fotografieren wurde zu etwas Alltäglichem auf der Insel. Und so gibt es im Einband eine Reihe von Fotos, die das Leben vor Ort noch anschaulicher machen.

Vom Ostwind verweht – Urlaub der besonderen Art

Sie sollten den Frühling einläuten, die Erkältungsviren endgültig vertreiben und uns mit viel Sonne ein Lächeln ins Gesicht zaubern – die Tage auf Juist Ende März. Eine Woche Urlaub mit Enkelkind, Tochter und Schwiegersohn auf einer wunderbaren Insel, das hatten wir uns in den schönsten (und wärmsten) Farben ausgemalt. Meine Tochter und ich saßen gedanklich schon im Strandkorb und schauten der kleinen Hannah beim Buddeln im Sand zu, während die Männer Drachen steigen lassen würden, alles ganz entspannt, versteht sich.

Der Urlaub rückte näher, die Erwartungen wurden notgedrungen mittels wetter.de angemessen angepasst  – dachten wir …

Samstag Abend: Eine gute Stunde vor Ankunft am Hafen hörten wir zufällig im Radio, dass aufgrund des starken Ostwinds Fähren ausfielen – man solle sich erkundigen. Interessant, dachte ich, so etwas gibt es? Sind wohl die Ostseehäfen betroffen. Eine leise Irritation blieb und sorgte für den Griff zum i-phone. Auch Juist war auf dem Wasserweg nicht zu erreichen. Vielleicht auf dem Luftweg? Alle Flüge ausgebucht, bis Montag Nachmittag. 800 Passagiere im Fährhafen gestrandet. Was tun? Wir waren so schlau, weit weg von der Küste zu bleiben und so klug, im Internet nach einem familienfreundlichen Hotel zu schauen. Ein Bauernhof mit Jugendherbergscharakter nahm uns Gestrandete auf, Hannah stürzte sich auf ein Schaukelpferd und wir uns auf unsere mitgebrachten Lebensmittel. Dazu sollten wir ebenso am nächsten Tag Gelegenheit bekommen.

Denn auch für Sonntag, auch beim 83. Mal Nachschauen, standen bei den geplanten Abfahrtszeiten der Fähren nur diese, inzwischen wohlbekannten Zeichen im Internet: XXX. Immerhin, die beiden Schiffstermine am Montag waren mit ??? versehen. Ganz früh machten wir uns also am nächsten Morgen auf den Weg – und mit uns Hunderte … Wir hatten Glück, wir erwischten die Fähre, es sollte erst mal die einzige bleiben. Die am späten Nachmittag legte zwar ab, blieb aber im Niedrigwasser stecken, musste umkehren und viele Leute verbrachten die Nacht an Bord, versorgt mit dem Nötigsten vom Roten Kreuz, andere versuchten ihr Glück wieder in den hoffnungslos überfüllten Hotels oder fuhren völlig entnervt endgültig heim.

Montag, 11 Uhr: Geschafft, auf der Insel! Zwar mussten zwischen Fähre und Kutsche erneut Erwartungen korrigiert werden, aber hinter dem Ferienhaus, geschützt von der Düne, da könnte man doch bestimmt … Nix konnte man, der Wind war so stark und so eisig, dass an Draußensitzen nicht zu denken war, und der Aufenthalt am Strand sich auf zweimal fünf Minuten beschränkte. Eine zierliche Zweijährige durfte man nicht von der Hand lassen – wollte man es sie nicht dem fliegenden Robert gleichtun lassen. Tja, viel haben wir von der Insel nicht gesehen.

Es war trotzdem eine schöne Woche, das Enkelkind war der Sonnenschein, das Miteinander war unkompliziert, das bisschen frische Luft hat gut getan. Ich liebe kleine Mitbringsel, die mich dann später an diesen Urlaub erinnern – es kam nicht dazu – das einzige, was ich mir mitgebracht habe, war eine neue, heftige Erkältung. Vergessen werde ich diesen Urlaub bestimmt nicht!