Dieses Buch, diese Geschichte, muss man aushalten. Die Journalistin Sandra Schulz erzählt, wie sie in der Schwangerschaft erst die Diagnose Down-Syndrom für ihr ungeborenes Kind erhält („Ich habe leider kein komplett unauffälliges Ergebnis für Sie“), dann über einen Herzfehler des Ungeborenen informiert wird und dann noch die Diagnose Hydrozephalus hinzukommt (auf deutsch viel hässlicher: Wasserkopf). Frau Schulz hat zwei Abbruchtermine und lässt sie verstreichen. Sie geht durch die Hölle. Die Schwangerschaft ist schrecklich, eine einzige Abfolge von Untersuchungen, medizinischem Fachvokabular, Ängsten und Zweifeln. Immer wieder sagen Ärzte Fürchterliches („Das ist Schrott“, als es um das Gehirn geht; „Das ganze Kind hat so viele Fehler“; „Wollen Sie das wirklich?“)
Das Buch ist voller Fragen und stellt unsere genormte Welt, unsere Erwartungen und unsere Anspruchshaltung in Bezug auf Gesundheit, Schönheit, Normalität, gründlichst in Frage. Es zwingt einen, sich mit Themen zu beschäftigen, die man sonst eher wegschiebt. Und die Autorin beschönigt nichts, sie nimmt uns mit auf ihrem Weg des bitteren Abschieds von all den Vorstellungen, die sie im Kopf hatte vom Leben mit ihrem Kind – natürlich einem gesunden Kind!
Ist die Pränatal-Medizin Fluch oder Segen? Was ist, wenn völlig unerwartet die Diagnose kommt, dass das Ungeborene nicht gesund sein wird? „Man geht zu einem Test, um etwas auszuschließen – und kehrt taumelnd zurück,“ sagt Sandra Schulz in einem Interview mit der Berliner Zeitung. Und: „Wer heute schwanger ist, braucht Kraft, um einfach guter Hoffnung zu sein.“
Warum habe ich diese Geschichte gelesen? Mein Mann war vom Auftritt der Autorin in einer Talkshow zutiefst beeindruckt und kaufte das Buch. Und ich hatte kurz zuvor den Film „26 Wochen“ gesehen. In diesem Film entscheidet die Schwangere sich gegen das Kind. Nun wollte ich erfahren, wie es ist, wenn eine Frau sich dafür entscheidet. Oder man könnte auch sagen, sie entscheidet sich dagegen, gegen den bewussten Tod ihres Kindes im Mutterleib. Ich kann dieses Buch wärmstens empfehlen – wenn man es aushält.