Schreibtisch mit Aussicht, Ilka Piepgras (Hrsg.)

Vierundzwanzig bekannte und bedeutende Schriftstellerinnen äußern sich zum Thema Schreiben. Faszinierend, wie unterschiedlich die Autorinnen die ihnen gestellte Aufgabe angehen – das reicht von intellektuellen und philosophischen Reflexionen bis zu pragmatischen Beschreibungen des Schreibhandwerks. 

Die Autorinnen erzählen von Gewohnheiten, Schwierigkeiten, Abläufen, von Routinen und Ritualen, von Kämpfen und Konflikten. Vom so wichtigen Gefühl grenzenloser Zeitvorräte. 

Anne Tylers Beitrag heißt Ich schreibe nur und drückt damit aus, wie die Tätigkeit des Schreibens häufig von anderen gesehen wird. In ihrem typischen, leicht selbstironischen Stil erzählt sie, wie bei ihrem im Kopf fertigen Roman beim Schreiben der Alltag immer wieder dazwischen kommt. Wie schwer es ist, ihr Leben als Mutter mit dem einer Autorin unter einen Hut zu bringen. Aber wie sehr die Kinder auch ihr Schreiben bereichert haben. („da war mehr in mir, woraus ich schöpfen konnte.“) Ihr Beitrag ist so wie ihre Bücher, wohl gesetzte Worte, wunderbar zu lesen.

Auch Elena Ferrante beschäftigt sich im Rahmen einer schriftlichen Befragung (den Begriff Interview lehnt sie explizit ab) mit dem Thema Mutterschaft. Ihr wird die Frage gestellt: „Glauben Sie eine Frau, die keine Mutter ist, ist in der Lage, ihr tiefstes Menschsein zu erleben? Anders gesagt: Glauben Sie, das Leben gewährt jedem, der schreibt, von Natur aus genügend Erfahrungen, aus denen er schöpfen kann?“ Besonders der zweite Teil der Frage interessierte mich brennend, Ferrante gibt aber leider nur eine ausweichende Antwort, enttäuschend.

Mariana Lekys Essay ist kurz, knapp, köstlich, ein kleines Kunstwerk. Ich liebe ihren Humor und ihre verdichtete Art zu schreiben. 

An Joan Didions Beitrag mag ich ihre Definition von Schriftstellerin: „Ein Mensch, der seine konzentriertesten und leidenschaftlichsten Stunden damit verbringt, Wörter auf Papier zu ordnen.“ Und ebenso ihre Definition von Grammatik, die nämlich: „unendliche Macht besitzt, denn die Struktur eines Satzes zu verschieben heißt, die Bedeutung zu verschieben, kategorisch und radikal.“ (Das ist genau das, was mich beim Schreiben auch immer wieder aufs Neue fasziniert.)

In (fast) jedem der Beiträge findet sich etwas, das mich anspricht und zum Nachdenken anregt. Ich kannte nicht alle Schriftstellerinnen, habe aber durch diese Lektüre Lese-Anregungen für Titel von ihnen erhalten. Insgesamt ist es ein buntes Kaleidoskop und wer sich für das Schreiben interessiert und gerne einen Einblick in das Leben und Arbeiten berühmter Schriftstellerinnen erhalten möchte, wird hier auf jeden Fall fündig.

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