Fit ohne Fitness-Studio?

Viele Jahre war ich Mitglied in einem Fitness-Studio und bin ziemlich diszipliniert zweimal die Woche dort hingetrabt. Auslöser für diesen körperlichen Fleiß war mein Rücken – er lässt mich nur in Ruhe, wenn ich ihn und sein Gegenüber, den Bauch, regelmäßig trainiere. Also war ich eine halbe Stunde auf dem Laufband und habe ein paar gezielte Geräte-Übungen gemacht.

Vor gut einem halben Jahr bin ich an der Schulter operiert worden und dachte, wenn das wieder völlig in Ordnung ist, dann kann ich mein Spektrum im Fitness-Studio endlich erweitern, vielleicht auch an Kursen teilnehmen. Nun ist das Gegenteil eingetreten – ich trete aus. Nach der Schulter OP  hatte ich mir angewöhnt, jeden Tag zehn Minuten Gymnastik und einen strammen Spaziergang zu machen, um mich wenigstens einigermaßen in Form zu halten. Ein paar Monate ohne Studio  haben mir gezeigt: Ich bin nicht weniger fit, aber ich habe viel mehr Spaß daran, mich zu bewegen.

Um das klarzustellen: Ich war in einem guten Studio, mit guter Ausstattung, guten Trainern, angenehmer Atmosphäre. Aber es bleibt eben doch ein geschlossener Trainingsraum, es bleiben enge Schränke in den Umkleiden, es bleibt der Weg hin und zurück. Und wie viel schöner ist es doch, in der frischen Luft zu walken anstatt auf dem Laufband. Nun schaue ich nicht mehr auf das Kommen und Gehen auf dem Parkplatz des Studios, sondern auf glitzernde Wellen des Rheins und wunderschöne Vogel-Formationen. Und ich merke, es fällt mir leichter, mich täglich zum Sport aufzuraffen, als zweimal die Woche die Tasche für die Muckibude zu packen; durch das Tägliche bekommt es einen Automatismus.

Zu Beginn habe ich noch gezweifelt, ob ich mir „erlauben“ kann, auf das Fitness-Studio zu verzichten, habe diverse kompetente Menschen befragt, ob man gut genug ohne Geräte trainieren kann. Man kann! Und seitdem ich mich mit dem Thema beschäftige, fallen mir  – wie das dann so ist – überall die Infos dazu entgegen. Gerade habe ich in der F.A.Z. einen Artikel gelesen „Sport ganz puristisch (…) mit dem eigenen Körpergewicht und einfachen Geräten.“ Streetworkout nennt sich diese Bewegung, sie rät: „raus aus den dunklen Gyms, den eigenen Körper zum Training nutzen.“ Man könnte auch sagen, zurück zu Turnvater Jahn.

Ich fühle mich bestätigt. Beflügelt schwinge ich mich frühmorgens bei dem traumhaften Sommerwetter aufs Fahrrad und halte die Nase in den Wind. Wie es dann im Winter wird, werden wir sehen …

Fußball? Au ja! Frauen-Fußball? Na ja …

Fußball ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Lange galt es als unfein, sich für Fußball zu interessieren, aber inzwischen sind auch immer mehr Frauen mit Begeisterung dabei. Ich zähle dazu, seit langem. Was gibt es Spannenderes als mitzufiebern, ob der Lieblingsmannschaft das entscheidende Tor gelingt, mitzuleiden, wenn der Ball an die Latte prallt, sich die Haare zu raufen, wenn der Schiri falsch pfeift und mitzujubeln, wenn das Runde im (richtigen!) Eckigen landet! Bei den manchmal irrwitzigen Wendungen kann man alles um sich herum vergessen: Tore in allerletzter Minute, die über Meisterschaften entscheiden, übers Weiterkommen in Turnieren, über Aufstieg oder Abstieg, Tore, die aus fast unmöglicher Position fallen und Tore, die man am liebsten sofort wieder verdrängen möchte.

Momentan läuft die Fußball-Europameisterschaft der Frauen, eigentlich ein Fest für Fußball-Fans und somit auch für viele Frauen, eigentlich  … Ich gucke zwar die Spiele der Deutschen, aber der Funke will nicht so recht überspringen, und das liegt nicht nur daran, dass unsere Mädels so mäßig spielen. Warum hat der Frauenfußball so viel weniger Zuschauer? Das Spiel der Männer ist sicherlich schneller und dynamischer, aber inzwischen auch sehr Taktik-geprägt. Bei den Frauen gibt es häufig schönere Spielzüge und weniger Unterbrechungen. Und dennoch … Meine Beschämung über mangelnde Solidarität mit unseren Frauen ließ mich ins Grübeln kommen; ich habe für mich folgende Erklärung gefunden: Mir fehlt beim Frauenfußball die Geschichte dahinter. Deutschland gegen die Niederlande oder gegen Italien –  was für Lampen gehen da an beim Männerfußball – das sind absolute Klassiker.

Wer erinnert sich nicht noch an das bittere Ausscheiden von Deutschland in den allerletzten Minuten der Verlängerung im Halbfinale der Weltmeisterschaft 2006 gegen Italien, oder an das verlorene Spiel bei der Europameisterschaft 2012 und die Siegerpose des Mario Balotelli? Und ich weiß noch wie heute, wie ich 1974 hochschwanger im Wohnzimmer auf und ab hüpfte, beim Endspiel der Weltmeisterschaft, Deutschland gegen die Niederlande, und dann das Siegtor von kleines, dickes Müller bejubelte!

Aber das ist natürlich ungerecht, wie sollen solche Legenden entstehen, wenn nicht genug Menschen mit Begeisterung Frauenfußball schauen. Ich nehme mir also vor, mehr zu gucken! Ich freue mich aber doch schon sehr auf die übernächste Woche, in der wieder der Ball in der ersten Fußball-Bundesliga rollt, bei den Männern, versteht sich …