„Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger“, Film von Ang Lee

Noch nie einen Film in 3D gesehen? Dann ist Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger, ein hervorragender Anlass, das mal auszuprobieren. Davon unabhängig ist es ein sehr schöner Film, eine verrückte Geschichte, die auf dem gleichnamigen Buch basiert.

Pi verlässt mit seiner Familie, sowie den Tieren aus dem Privatzoo, seine Heimat in Indien, um nach Kanada auszuwandern. Auf der Überfahrt sinkt das Schiff, und auf einmal findet sich Pi mitten im Ozean mutterseelenallein in einem Rettungsboot wieder, halt, nicht ganz allein, sondern gemeinsam mit Richard Parker – einem 200 kg schweren Tiger! Ein verrückter Kampf ums Überleben beginnt: ein halbwüchsiger Bengel gegen eine ausgewachsene Bestie. Wie sich die beiden ungleichen Partner beäugen, belauern und umkreisen, das ist spannend, komisch, irrwitzig, berührend und  zutiefst menschlich – einfach großartig. Irgendwann begreift Pi, dass es der Tiger ist, der ihn am Leben hält; die Sorge um Richard Parker füllt seine Tage und gibt dem Überlebenskampf Sinn.

Wim Wenders hat nach der Premiere gesagt: „Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, ich bin auf dem Meer, ich sitze mit Pi in diesem Boot.“ Und so ist es auch, wir erleben sie hautnah mit, diese monatelange Odyssee, in phantastischen 3D-Bildern von berückender Schönheit.

 

„Das Lügenhaus“, „Einsiedlerkrebse“, „Hitzewelle“– Trilogie von Anne B. Ragde

Ach, ich beneide jeden, der diese drei Bücher noch nicht gelesen hat. Im Zentrum der Geschichte steht eine Familie, die in Trondheim einen Bauernhof besitzt und ein düsteres Geheimnis mit sich herumträgt, das beim Tod der Mutter zutage tritt.

Die handelnden Charaktere, drei ungleiche Brüder und die uneheliche Tochter des einen, sind ungewöhnlich bis skurril, allesamt wachsen sie einem in Windeseile ans Herz. Da gibt es den schwulen Schöngeist Erlend mit seinem Lebenspartner, dem kugelrunden Krumme, der das Herz auf dem rechten Fleck hat, Margido, den alleinstehenden, leidenschaftlichen Leichenbestatter, und den mundfaulen Schweinezüchter Torben mit seiner lange verheimlichten Tochter Torunn. Zu gerne würde er dieser einmal den Hof übergeben, ein Anspruch, der Torunn total überfordert, zumal sie ihren Vater ja erst vor kurzem kennengelernt hat und in Oslo lebt. Dieser Druck auf Torunn ist der traurigste Teil der Geschichte. Szenen des luxuriösen Schwulen-Haushalts in Kopenhagen wiederum sind zum Totlachen, ohne dass damit die beiden Männer bloßgestellt würden.

Mit liebevollem Blick auf menschliche Unzugänglichkeiten, alltägliche Schwierigkeiten und existentielle Lebensfragen zeichnet die Autorin das Porträt dieser etwas abgedrehten Familie. Selbst die Schweine schließt man ins Herz, sieht sie vor sich mit ihren „blauen Augen unter den kreideweißen Wimpern“ und ihren unterschiedlichen Naturellen. Das alles ist oft witzig und herzerwärmend, manchmal auch schwermütig und dunkel, aber immer zutiefst menschlich. Die Sprache zeichnet sich durch ungewöhnliche und originelle Beschreibungen und Bilder aus. Die Geschichte ist mitten aus dem prallen Leben und man wünscht sich, sie möge nie aufhören.

„Langsamer Abschied“, Roman von Irina Korschunow

Der Plot ist schnell erzählt: Der Mann der Ich-Erzählerin hat einen Unfall und fällt ins Koma. Kurz vorher hat es einen heftigen Streit gegeben, in dem der Mann offenbart, dass er eine lang verheimlichte Tochter hat, besonders bitter, da das Ehepaar gemeinsam keine Kinder bekommen kann. Der behandelnde Arzt verliebt sich in die Protagonistin, es dauert aber sehr lange, bis sie ihn in ihr Leben lässt.

Das Paar erlebt den Alptraum schlechthin, von einer Sekunde zur anderen ändert sich das Leben vollständig, nichts ist mehr wie es war. Die berührende Geschichte setzt mit der Beerdigung des Verunglückten ein und entblättert Stück für Stück die ganze Tragik des vergeblichen Kinderwunsches, der zur Obsession für die Frau wird und die große und lange Liebe zwischen den Ehepartnern auf eine harte Probe stellt. In einer für die Autorin typischen Sprache – knapp, fast lakonisch  („Utopisch offenbar, beides zu verlangen.“) wird beschrieben, wie sich die Erzählerin mit Selbstvorwürfen quält und gleichzeitig versucht, sich mit den neuen Gegebenheiten und ihren eigenen Ansprüchen an das Leben auseinanderzusetzen. Sehr überzeugend, sehr bewegend.

„Lincoln“ – Film von Steven Spielberg

Hollywood-Produktionen schauen wir uns eher selten an, uns reizen mehr die kleineren Produktionen, die nicht so im Mainstream sind. Aber den Film Lincoln wollte ich unbedingt sehen, nicht zuletzt auch, um mehr über den 16. Präsidenten der USA zu erfahren, unter dem die Sklaverei abgeschafft wurde und den Barack Obama als sein Vorbild nennt.

Leichte Kost ist das nicht. Die teilweise ermüdend langen Redepassagen und die darin verhandelten Inhalte erfordern viel Geduld und volle Konzentration. Zum Glück hatte ich vorher eine Besprechung des Films gelesen, so habe ich wenigstens ansatzweise verstanden, um was es geht. Lincoln will beides, den Frieden zwischen den im Krieg liegenden Süd- und Nordstaaten UND die Abschaffung der Sklaverei. Warum er deshalb den Frieden erst einmal aufhalten muss, fand ich im Film schwierig nach zu vollziehen. Aber nur so war es möglich, den 13. Verfassungszusatz, die Abschaffung der Sklaverei, durch den Kongress zu bringen. Lincoln hat ein kleines Zeitfenster, wie wir heute so schön sagen, und er nutzt es. Der Erfolg gibt ihm recht. Er zahlt einen hohen Preis dafür. Ohne Betrug, List und Tücke wäre das nicht möglich gewesen, die fehlenden Stimmen werden mit allen Tricks und Finessen errungen. In dem Fall heiligt der Zweck unbestritten die Mittel, es geht um Großes. Aber man kann sich lebhaft vorstellen, wie auch für weniger Sinnvolles und Bedeutendes heutzutage gekungelt, geschoben, betrogen und bestochen wird – überall auf der Welt. Es ist das alte Spiel um Macht und Moral.

So taucht man einesteils ganz tief in die Lincoln-Ära ein (auch dank eines großartigen Daniel Day-Lewis), andererseits ist man viel in den heutigen Vereinigten Staaten, denkt an die Gesundheitsreform, die Obama unter so großen Schwierigkeiten durchgebracht hat, und die ständige gegenseitige Blockade von Republikanern und Demokraten. Dieser Bogen ist es, der mich fasziniert hat. Insofern lautet mein Urteil: unbedingt empfehlenswert!

„Letzte“ Reise, Roman von Anna Enquist

Der Roman beschreibt das Leben von Elizabeth Cook, Frau des berühmten Entdeckers James Cook. Hat man den Klappentext vorher gelesen, so weiß man genau, was einen an Fakten erwartet: Elizabeth lebt im ständigen Wartestand und muss hinnehmen, dass ihr Mann entgegen seinen Versprechungen auch noch zu einer dritten Entdeckungsreise aufbrechen wird, von der er nicht zurückkehrt. Ebenso weiß man vorher, dass sie ihre sechs Kinder überleben wird.

Man könnte also sagen, die Spannung hält sich in Grenzen. Aber WIE dieses Frauenschicksal beschrieben ist, wie Elizabeth hofft, wartet, zweifelt, sich arrangiert („Ich muss mich freuen, dachte sie, das gehört sich so.“), und – besonders berührend, wie ihre lebenslange Sehnsucht nach ihrer einzigen Tochter geschildert wird, das ist einfach großartig. Die Sprache ist pointiert, spröde und kühl und transportiert doch unglaublich nachvollziehbar die tiefen Gefühle.

Tief taucht man in das 18. Jahrhundert ein, erfährt natürlich auch viel über die Entdeckungsreisen von Cook, verfolgt, mit welcher Hartnäckigkeit Elisabeth auf der Klärung der Umstände seines Todes beharrt. Am meisten berührt hat mich aber immer wieder aufs neue die Beschreibung ihrer widerstreitenden Gefühle: „Sie schwieg. Ein Monat. Das Haus würde sich plötzlich zu klein anfühlen, als passte es nicht. Ein großer Körper würde neben ihr im Bett liegen, die Nacht von unvermitteltem Knarren und Schnarchen erfüllt sein. Sie würde ihm gegenüber sitzen. Zögernd würden sie anfangen, ihre Geschichten zu erzählen, du zuerst, nein, lieber erst du.“

Nicht nur wer gerne Frauenbiografien liest, wird mit diesem Buch wunderbare Stunden verbringen.

Der erste Termin mit Enkelkind – Himmel, hilf!

Als ich das erste Mal beauftragt werde, mit der vierzehn Monate alten Enkelin zum Babyturnen zu gehen, ist zum Glück Sommer. Das macht das komplizierte Anziehen um einiges leichter, erspart mir aber nicht, die sperrigen Kinderfüßchen in die winzigen Schühchen zu zwängen, die ersten Schweißperlen bilden sich. Zum Glück ist nur eine Treppe zu bewältigen, mit Kind auf dem einen Arm und Wickeltasche am anderen (was um Himmelswillen ist denn da alles drin, wir wollen doch nicht verreisen?), dann stehen wir vor dem Kinderwagen im Flur. Was hatte meine Tochter noch gesagt, setzt sie Hannah in den Wagen und ruckelt dann Kind und Karosse die Treppenstufen vor der Haustür herunter, oder stellt sie das Kind auf die Erde, hofft, dass es sich nicht von der Stelle rührt, und schafft dann erst den Kinderwagen auf die Straße?

Ich entscheide mich für die erste Variante, nicht zuletzt deshalb, weil ich mich im Hausflur unbeobachtet fühle. Die Wickeltasche hat Wackerstein-Dimensionen, sie verfügt aber angeblich über ganz einfache Klickverschlüsse, mit der sie wie von Zauberhand am Kinderwagen landen soll, leider nicht bei mir. „Innen, Mama, nur innen befestigen“, klingt mir noch im Ohr. Innen? Hannah sitzt inzwischen mit großen Augen im Kinderwagen und verfolgt aufmerksam mein Tun. Auch sie muss ja noch festgeschnallt werden, hektisch sortiere ich Gurte, prüfe und verwerfe Möglichkeiten, murmele beschwörende Worte vor mich hin, um sie und mich zu beruhigen. Dann nehme ich einen neuen Anlauf für die Wickeltasche, irgendwie schaffe ich es, das mit Gläschen, Keksen, Müsliriegeln, Saftfläschchen, Windeln, Schnuller und Schmusetuch bestückte Ding am Kinderwagen fest zu bekommen. Leider hat Hannah dabei einen Zipfel des für kritische Situationen reservierten Tuchs erhascht und verlangt vehement danach. Ich gebe es ihr, auch wenn ich voraussehen kann, dass es Bekanntschaft mit dem Boden machen wird. Puh, jetzt das mit Baby und Ballast bestückte Gefährt irgendwie aus der schwergängigen Haustür bekommen und die Stufen runterpoltern. Uff, ein Blick auf die Uhr zeigt, wir könnten es noch rechtzeitig schaffen.

Frohgemut schreite ich aus, etwas beschämt ob meiner Ungeschicklichkeit, aber auch beglückt ob unserer ersten gemeinsamen Ausfahrt mit gewichtigem Ziel. Doch was ist das, es tröpfelt, nein, es tropft, es regnet. Ohne das verhasste Regenzeug werden wir es nie und nimmer trocken bis zur Turnhalle schaffen. Musste der Himmel just jetzt seine Schleusen öffnen? Ich krame die Schutzfolie unter dem Wagen hervor und begegne Hannahs Blick, wir halten stumme Zwiesprache. Als wüsste sie um die bis zum äußersten gespannten Nerven ihrer Großmutter, lässt sie es über sich ergehen. Gutes Kind! Und wir schaffen es pünktlich: Enkelin trocken und fröhlich, Oma fix und fertig.

„Geliebte Enkelin“, Erzählung von Noëlle Châtelet

Klar, dass ich als glückliche Großmutter einer knapp 2-jährigen Enkelin am Titel dieses Buches hängengeblieben bin. Zuerst war ich allerdings gar nicht so begeistert, empfand den Stil als ansatzweise schwülstig. Doch nachdem ich mich eingelesen hatte, packten mich die kleinen Schilderungen mehr und mehr. Der Autorin gelingt es wunderbar, die ganz besonderen Momente einzufangen, die das Zusammensein mit diesem kleinen Menschen, dem „Kind vom Kind“, mit sich bringt. „Die Zeit hat ein anderes Gesicht bekommen. Ich warte nicht mehr ungeduldig darauf, dich laufen zu sehen.“

Wie wahr – mit viel größerer Ruhe und Gelassenheit als einst beim eigenen Kind schaut man dem Enkelkind beim Wachsen und Welt erobern zu, gerührt, entzückt, begeistert, staunend und dankbar. Die kleinen Dinge rücken wieder ins Bewusstsein: das Herbst-Blättchen im Rinnstein, das aufgeklaubt werden will und dann voller Stolz an die Oma überreicht wird, der winzige Schalter, der sich so schwer bewegen lässt, und die Freude darüber, wenn es dann endlich funktioniert – das alles lässt einem das Herz aufgehen.

Wie sagt Châtelet doch so schön über ihre Enkeltochter: „Du bist mein Lieblingsprogramm! Mein Varietétheater, Zauberkünstlerin.“

Kaufen, lesen, an Großmütter verschenken!

Von Pins, Passwörtern und Coupons

„Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzelnen Tages sinnvoll zu ordnen, ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.“                                   Johann Wolfgang von Goethe

Er war klug, der Herr Geheimrat. Und recht hat er. Dabei waren ihm so einige heutige Nöte doch fremd. Ich denke da zum Beispiel an die ganzen Pins, Codes und Passwörter, die es sinnvoll zu organisieren gilt. Hat man sich ein Passwort – sprich Buchstabenansammlung nebst Ziffern und Zeichen – ausgedacht, soll man alles Schriftliche vernichten und sich das Konstrukt einfach merken. Kein Problem, wenn es sich um zwei oder drei Passwörter handeln würde! Und die Pins mit ihrer unseligen Aneinanderreihung sinnloser Zahlen – wem gelingt das schon, diese in einer Ecke des Gehirns auf Zugriff zu lagern? Also heißt es, sich so zu organisieren, dass die Daten keinem Unbefugten in die Hände fallen, man selber aber sie im Fall der Fälle auch wiederfindet. Alles andere als ein Kinderspiel …

Coupons treten neuerdings meist in Rudeln auf. Da trudelt dann gleich ein ganzer Bogen mit diesen leidigen Dingern ein, die die tollsten Schnäppchen versprechen, weshalb man es natürlich nicht fertig bringt, sie im Papierkorb zu versenken. Also verstaut man sie irgendwo – im Portemonnaie ist ja kein Platz, da sind die ganzen Kundenkarten drin – und hofft, sie im Fall der Fälle dabeizuhaben. Legt man dann stolz den richtigen Coupon für den richtigen Artikel mit der richtigen Kundenkarte vor, zum Bezahlen gerüstet mit der richtigen Geheimnummer, dann wird man freundlich darauf hingewiesen, dass das Datum für diese Aktion verstrichen sei. Steht doch schließlich drauf, ganz klein, ganz unten. Ich habe bisher noch keine überzeugende Lösung gefunden, weder, wie ich mit den Coupons umgehen soll, noch wie ich meine Zugangsdaten organisiere. Hat jemand eine Idee?

„Die Wand“, Roman von Marlen Haushofer

Es fällt mir schwer, EIN Lieblingsbuch zu küren, aber zur Schar der liebsten Bücher gehört auf jeden Fall „Die Wand“ von Marlen Haushofer.

Eine Frau fährt mit Verwandten auf eine Jagdhütte, diese verschwinden und am nächsten Tag ist sie allein mit deren Hund mitten in den Bergen, abgeschnitten vom Rest der Welt – getrennt durch eine unsichtbare, durchsichtige Wand, hinter der kein Leben mehr ist.

Es klingt verrückt, aber der Leser gewöhnt sich schnell an das Vorhandensein dieser unglaublichen Begrenzung und verfolgt den Kampf der Frau ums Überleben, atemlos. Das Buch hat keine Kapitel, keine Absätze, es ist in einem Fluss geschrieben. Das klingt traurig, düster, hoffnungslos – langweilig?

Nichts von alledem! Obwohl es auf knapp dreihundert Seiten “nur” ums Überleben geht, beinhaltet dieses “nur” doch die tiefsten menschlichen Empfindungen zwischen bodenloser Verzweiflung, zufriedener Erschöpfung und innigen Glücksmomenten. Und fast unglaublich angesichts der verzweifelten Lage der Frau: schon bald ertappt man sich dabei, dass die Schilderung der unglaublichen Stille und der erzwungenen Rückkehr zum ganz einfachen, naturverbundenen Leben, Sehnsüchte weckt – fast wünschte man sich, ebenso reduziert auf das Wesentliche leben zu können. Dieser Frau dabei zuzusehen, wie sie ihr Haus bestellt, ihre Tiere pflegt, ihre einsamen Tage strukturiert und sich völlig im Einklang mit der Natur befindet, es hat etwas ungemein Tröstliches und Beruhigendes. Ein unglaubliches Buch!

Das Buch galt lange als unverfilmbar. Nun hat es doch einer gewagt. Ich habe mir den Film zusammen mit meinem Mann, der das Buch nicht kennt, angesehen. Meine Meinung dazu finden Sie unter Kinotipp.

„Die Wand“ – Verfilmung des Buchs von Marlen Haushofer

Aus gutem Grund galt das dem Film zugrundeliegende Buch lange als unverfilmbar. Nun hat sich doch Julian Pölsler des Stoffes angenommen und einen eindrucksvollen Film mit der großartigen Martina Gedeck daraus gemacht.

Wer das Buch nicht kennt, kurzer Abriss des Inhalts in meinem Buchtipp.

Wie soll ein Film eine Geschichte erzählen, in der es keine Kommunikationspartner und somit keine Dialoge gibt? Der Regisseur löst das, in dem er Martina Gedeck lange Zitate aus dem Buch vortragen lässt. Das erklärt zwar die Handlung, macht aber für mich einen großen Teil des Zaubers, der vom Buch ausgeht, kaputt. Vieles von dem, was sie erzählend mitteilt, hätte auch mimisch und gestisch dargestellt werden können oder in der Zwiesprache mit den ihr zugelaufenen Tieren. Diese Chance wurde vertan. Es bleiben wunderschöne Bilder, eindrückliche Szenen vom Überleben in der Einsamkeit der Berge und vom Wechsel zwischen Verzweiflung, Trauer und tiefen Glücksmomenten. Das ist natürlich immer noch viel, und es ist auch auf jeden Fall ein sehr guter Film. Nur eben nicht so herausragend wie das Buch. Ob ich es langfristig bereue, ihn gesehen zu haben, kann ich erst sagen, wenn ich wieder einmal das Buch zur Hand nehme und merke, ob die Filmbilder meine eigenen Bilder verdrängen – das aber ist nun mal ein generelles Probleme bei Literaturverfilmungen. Mein Mann, der das Buch nicht kennt, fand den Film sehr gut, sehr beeindruckend.