Das Erbe der Rosenthals, Armando Lucas Correa

„Ich war knapp zwölf, als ich mir vornahm, meine Eltern umzubringen.“ So fulminant beginnt die Geschichte der zwölfjährigen Hannah, die im Jahr 1939 spielt. Ihre jüdische Familie schifft sich auf der Flucht vor den Nazis auf dem berühmt-berüchtigten Ozeandampfer St. Louis ein. Kurz darauf wird die zwölfjährige Anna dem Leser nicht weniger dramatisch vorgestellt: „An dem Tag, an dem mein Vater für immer verschwand, war meine Mutter mit mir schwanger.“ Anna begibt sich 2014 auf Spurensuche nach der Familie ihres bei 9/11 umgekommenen Vaters. Die Lebensgeschichten der Mädchen berühren sich, verschachteln sich mit zunehmender Lesedauer, so dass wir Hannah bis ins hohe Alter begleiten. Und obwohl es um lange Zurückliegendes geht, ist die Story von bedrückender Aktualität.

Ausgangspunkt der Geschichte war für den Autor das Drama der St. Louis, eines großen Ozeandampfers, der sich 1939 mit über neunhundert (meist jüdischen) Menschen an Bord auf die Reise macht, um die Passagiere vor Nazi-Deutschland in Sicherheit zu bringen. Doch in Havanna lässt man nur einzelne Passagiere von Bord …

Beide Mädchen erzählen in der Ich-Form, das macht es sehr berührend. Beide haben Mütter, die es ihnen nicht einfach machen, die über ihrer Trauer und Verzweiflung öfters ihre Töchter vergessen. Das Buch ist kunstvoll konstruiert, aber leicht und spannend zu lesen und gleichzeitig sehr schwere Kost, weil es einem so nahegeht. Wenn auch die Geschichte an sich fiktional ist, so beruht sie doch auf einer wahren Begebenheit. Und das Schicksal der Flüchtenden erinnert fatal an das aktuell aus dem Meer geretteter Flüchtlinge, die kein Land aufnehmen will.

Im umfangreichen Anhang erläutert der Autor die geschichtlichen Zusammenhänge, ergänzt um die Passagierliste der St. Louis mit Fotos fröhlich dreinschauender Menschen. Man sieht ihnen an, sie hatten ihre ganze Hoffnung in eine bessere Zukunft gesetzt. Wer sich für weitere Details interessiert, wird im Internet fündig, ich will hier nicht zu viel vom Plot verraten. Unbedingt lesenswert! Und auch gut als Film vorstellbar.