Das Buch ist viel tiefgründiger, als es das Cover vermuten lässt. Es geht um Tennis, aber es geht um viel mehr als um Tennis. Der Autor lehnt seine Hauptfigur an den berühmten Tennisspieler Gottfried von Cramm an, „eine Lichtgestalt des deutschen Tennissports“, aufgrund seiner adeligen Herkunft auch „Tennisbaron“ genannt. Cramm stand für Fairness und Sportsgeist, galt als außerordentlich menschenfreundlich, großzügig im Geiste, weltoffen und hilfsbereit. Und er zeigte Haltung in den Zeiten des Nationalsozialismus.
Saller erzählt das Leben dieses Tennisstars der dreißiger Jahre, der im Roman Julius von Berg heißt, auf mehreren Zeitebenen. In dessen Jugend recht frei, später lehnt der Autor sich mehr an das historische Vorbild an. Der junge Graf wächst privilegiert auf einer Burg am Rhein auf und hat durch einen privaten Tennisplatz alle Möglichkeiten, sein Talent weiterzuentwickeln. Er liebt nicht nur Tennis, er lebt es. Als sein Opa erblindet, erzählt er ihm nachträglich den genauen Verlauf seiner Spiele und durchlebt sie dadurch zweimal. Mehr und mehr zeigt sich – für Julius und für den Leser – wie sehr Tennis Kopfsache ist. Sein Trainer vergleicht es mit Schachspielen, das Julius aus seiner Jugend sehr vertraut ist, und ermuntert ihn, die Initiative zu ergreifen. „Wir spielen nicht Tennis, wir spielen Aschenschach. Das solltest du nie vergessen.“
Als es Julius nach Berlin verschlägt, vernachlässigt er sein Studium, stürzt sich in das Nachtleben der Stadt, behält aber das Tennisspiel weiterhin als seine große Leidenschaft. Durch wachsende Erfolge wird er für die Nationalsozialisten zu einem Aushängeschild. Aber gleichzeitig ist Julius unangepasst, verkehrt mit regimekritischen Menschen. So zieht er sich nach und nach den Unmut der Obrigkeit zu. Das gipfelt in dem berühmten Davis-Cup-Finale 1937 in Wimbledon … Auch für jemanden wie mich, die ich selbst nie diesen Sport betrieben habe (allerdings fasziniert zuschaue), bietet der Roman gute und spannende Unterhaltung.