Es dauerte wieder ein bisschen, bis ich in das Buch hineingefunden habe. Aber die richtigen Bücher schaffen es letztlich immer wieder, mich zu berühren und mir das ganze Glück des Lesens zu zeigen. Ewald Arenz schreibt aber auch einfach umwerfend! Schauplatz ist ein Dorf im Schwabenland mit all seinen Besonderheiten im Jahr 1971. Das sind die Charaktere: Ein kühler, weltfremder Pfarrer, Hermann, der fünf Jahre auf der Stelle im Dorf bleiben wollte und nach zwanzig Jahren immer noch dort ist. Seine Frau Gertrud, die sich mit dem von ihr als Pfarrersfrau erwarteten Leben schwertut und im Dorf nie heimisch geworden ist. Ihr Sohn Wilhelm, der sich in das Nachbarsmädchen Roberta verliebt. Aber der bald aufbrechen wird, um zu studieren. Roberta, die Wilhelm liebt, aber ohne die ihre Eltern den Hof nicht bewirtschaften könnten. Die tief verwurzelt im Dorf ist und doch ab und an davon träumt, ganz woanders zu sein. Immerzu woanders zu sein, wünscht sich Gertrud, die Pfarrersfrau, und doch bindet sie manches an diesen Ort. Robertas liebevoller Opa, der so gut in Robertas Herz schauen kann. Und der auch schon einmal ganz woanders gewesen ist.
Unnachahmlich einfühlsam erzählt Arenz über das Leben der beiden Frauen in einem Dorf, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint, und über die Suche nach ihrem Weg. Meisterhaft schildert er Situationen größten Schmerzes und sprachloser Kommunikation. Und immer wieder beschreibt er wunderbar den Wind, wie er über die Felder und durch die Bäume streift, und so Jahreszeiten und Stimmungen kennzeichnet. Die Sprache ist dem Schauplatz angepasst, klingt teilweise altmodisch („sie waren noch nie aus dem Stall heraußen gewesen“), sie entführt einen bezwingend in das Leben auf dem Land. Die Geschichte nimmt mittendrin einen unerwarteten Verlauf. Tief berührt habe ich das Buch zugeklappt.