Von Pins, Passwörtern und Coupons

„Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzelnen Tages sinnvoll zu ordnen, ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.“                                   Johann Wolfgang von Goethe

Er war klug, der Herr Geheimrat. Und recht hat er. Dabei waren ihm so einige heutige Nöte doch fremd. Ich denke da zum Beispiel an die ganzen Pins, Codes und Passwörter, die es sinnvoll zu organisieren gilt. Hat man sich ein Passwort – sprich Buchstabenansammlung nebst Ziffern und Zeichen – ausgedacht, soll man alles Schriftliche vernichten und sich das Konstrukt einfach merken. Kein Problem, wenn es sich um zwei oder drei Passwörter handeln würde! Und die Pins mit ihrer unseligen Aneinanderreihung sinnloser Zahlen – wem gelingt das schon, diese in einer Ecke des Gehirns auf Zugriff zu lagern? Also heißt es, sich so zu organisieren, dass die Daten keinem Unbefugten in die Hände fallen, man selber aber sie im Fall der Fälle auch wiederfindet. Alles andere als ein Kinderspiel …

Coupons treten neuerdings meist in Rudeln auf. Da trudelt dann gleich ein ganzer Bogen mit diesen leidigen Dingern ein, die die tollsten Schnäppchen versprechen, weshalb man es natürlich nicht fertig bringt, sie im Papierkorb zu versenken. Also verstaut man sie irgendwo – im Portemonnaie ist ja kein Platz, da sind die ganzen Kundenkarten drin – und hofft, sie im Fall der Fälle dabeizuhaben. Legt man dann stolz den richtigen Coupon für den richtigen Artikel mit der richtigen Kundenkarte vor, zum Bezahlen gerüstet mit der richtigen Geheimnummer, dann wird man freundlich darauf hingewiesen, dass das Datum für diese Aktion verstrichen sei. Steht doch schließlich drauf, ganz klein, ganz unten. Ich habe bisher noch keine überzeugende Lösung gefunden, weder, wie ich mit den Coupons umgehen soll, noch wie ich meine Zugangsdaten organisiere. Hat jemand eine Idee?

„Die Wand“, Roman von Marlen Haushofer

Es fällt mir schwer, EIN Lieblingsbuch zu küren, aber zur Schar der liebsten Bücher gehört auf jeden Fall „Die Wand“ von Marlen Haushofer.

Eine Frau fährt mit Verwandten auf eine Jagdhütte, diese verschwinden und am nächsten Tag ist sie allein mit deren Hund mitten in den Bergen, abgeschnitten vom Rest der Welt – getrennt durch eine unsichtbare, durchsichtige Wand, hinter der kein Leben mehr ist.

Es klingt verrückt, aber der Leser gewöhnt sich schnell an das Vorhandensein dieser unglaublichen Begrenzung und verfolgt den Kampf der Frau ums Überleben, atemlos. Das Buch hat keine Kapitel, keine Absätze, es ist in einem Fluss geschrieben. Das klingt traurig, düster, hoffnungslos – langweilig?

Nichts von alledem! Obwohl es auf knapp dreihundert Seiten “nur” ums Überleben geht, beinhaltet dieses “nur” doch die tiefsten menschlichen Empfindungen zwischen bodenloser Verzweiflung, zufriedener Erschöpfung und innigen Glücksmomenten. Und fast unglaublich angesichts der verzweifelten Lage der Frau: schon bald ertappt man sich dabei, dass die Schilderung der unglaublichen Stille und der erzwungenen Rückkehr zum ganz einfachen, naturverbundenen Leben, Sehnsüchte weckt – fast wünschte man sich, ebenso reduziert auf das Wesentliche leben zu können. Dieser Frau dabei zuzusehen, wie sie ihr Haus bestellt, ihre Tiere pflegt, ihre einsamen Tage strukturiert und sich völlig im Einklang mit der Natur befindet, es hat etwas ungemein Tröstliches und Beruhigendes. Ein unglaubliches Buch!

Das Buch galt lange als unverfilmbar. Nun hat es doch einer gewagt. Ich habe mir den Film zusammen mit meinem Mann, der das Buch nicht kennt, angesehen. Meine Meinung dazu finden Sie unter Kinotipp.

„Die Wand“ – Verfilmung des Buchs von Marlen Haushofer

Aus gutem Grund galt das dem Film zugrundeliegende Buch lange als unverfilmbar. Nun hat sich doch Julian Pölsler des Stoffes angenommen und einen eindrucksvollen Film mit der großartigen Martina Gedeck daraus gemacht.

Wer das Buch nicht kennt, kurzer Abriss des Inhalts in meinem Buchtipp.

Wie soll ein Film eine Geschichte erzählen, in der es keine Kommunikationspartner und somit keine Dialoge gibt? Der Regisseur löst das, in dem er Martina Gedeck lange Zitate aus dem Buch vortragen lässt. Das erklärt zwar die Handlung, macht aber für mich einen großen Teil des Zaubers, der vom Buch ausgeht, kaputt. Vieles von dem, was sie erzählend mitteilt, hätte auch mimisch und gestisch dargestellt werden können oder in der Zwiesprache mit den ihr zugelaufenen Tieren. Diese Chance wurde vertan. Es bleiben wunderschöne Bilder, eindrückliche Szenen vom Überleben in der Einsamkeit der Berge und vom Wechsel zwischen Verzweiflung, Trauer und tiefen Glücksmomenten. Das ist natürlich immer noch viel, und es ist auch auf jeden Fall ein sehr guter Film. Nur eben nicht so herausragend wie das Buch. Ob ich es langfristig bereue, ihn gesehen zu haben, kann ich erst sagen, wenn ich wieder einmal das Buch zur Hand nehme und merke, ob die Filmbilder meine eigenen Bilder verdrängen – das aber ist nun mal ein generelles Probleme bei Literaturverfilmungen. Mein Mann, der das Buch nicht kennt, fand den Film sehr gut, sehr beeindruckend.