Wie wichtig doch ein Buchcover ist! Ich hätte niemals nach diesem Buch gegriffen, wenn ich es nicht geschenkt bekommen hätte. Ich finde das Titelbild unsympathisch und streng, wobei ich gestehen muss, dass ich auch erst auf den dritten Blick erkannt habe, dass eine grüne Landschaft, Gletscher und ein Fahrzeug abgebildet sind. Das macht auch richtig Sinn, denn der Roman handelt vom Roadtrip einer Familie durch Island.
Eine Traumreise hätte es werden sollen für die Eltern Tiddo und Isa und den 13-jährigen Sohn Jonathan. Tiddo, der Erzähler, erhofft sich nichts weniger als die Rettung seiner in Schieflage geratenen Ehe. Verzweifelt bemüht er sich, Nähe zu seiner ihm entglittenen Ehefrau herzustellen. Sympathisch ist er einem nicht, und die Art und Weise, wie er die Beziehung zwischen den beiden beschreibt, macht es auch nicht besser: „Wenn sie meinen Namen ausspricht, fühle ich mich meist wie ein Kind, höchst selten wie ein Mann, nie wie ein Geliebter.“ Auch um die Nähe zum Sohn bemüht sich Tiddo auf eine Art und Weise, die den Leser überwiegend martert. Dennoch gibt es zu Beginn gute Momente auf der Reise: „Es war überwältigend. Wo auf der Welt kann man auf einem Gletscher wandern und gleichzeitig unter sich das Meer sehen?“
Dann nimmt die Familie einen seltsamen Anhalter mit, den sie nicht mehr loswird, und nun gerät das fragile Familiengefüge völlig ins Wanken. Der Roman bereitet einem über weite Strecken nichts als Unbehagen, aber er ist so eindringlich, gut und spannend geschrieben, dass man dranbleibt und mitfiebert. Die Geschichte entwickelt einen Sog, den man sich nicht entziehen kann.
Das etwas schroffe Cover macht auch Sinn, wenn man im Lesefluss ist. Ich kann aber nicht sagen, dass das Buch bei mir den Wunsch vertieft hat, nach Island zu reisen 😉 , obwohl das Land eine großartige Kulisse für die Geschichte liefert. Es war eine sehr interessante Leseerfahrung – nicht unbedingt schöne Lektüre, aber intensiv, anregend und, tja, anders.