Ein wunderbares Buch, in dem es sehr viel um etwas skurrile Großeltern geht, viel um die knochenharte Ausbildung als Schauspieler und immerzu um die Suche eines Zwanzigjährigen nach seinem Platz im Leben. Der Ich-Erzähler wird, kurz vor seinem geplanten Antritt als Zivildienstleistender, überraschend an der Schauspielschule in München angenommen. Für die drei Jahre der Ausbildung zieht er zu seinen Großeltern, in ihre herrschaftliche Villa gegenüber vom Nymphenburger Schlosspark. Seine Großmutter, eine ehemalige Schauspielerin, liebt den großen Auftritt, sein Großvater, ein emeritierter Philosoph, liebt strenge Regeln. Beide lieben den Alkohol in seinen unterschiedlichsten Formen, mit dem sie ihren Tag strukturieren – von morgens früh bis spät abends.
Mit trockenem Humor, der mich mal schmunzeln, mal laut lachen ließ, aber auch mit viel Wärme, Intensität und Selbstreflexion beschreibt der Autor das Leben mit seinen Großeltern und parallel dazu seine verzweifelten Versuche, als Schauspieler Fuß zu fassen. Es gibt herrliche Szenen – zum Beispiel als er zum Besten gibt, wie seine Großmutter ihre Unmengen von Tabletten alle auf einmal in den Mund wirft, ein ganzes Glas Champagner hinterher schüttet und sagt: Die wissen schon, wohin sie sollen. Die Erinnerung an die Turnvater-Jahn-Gedächtnis-Choreografie des Großvaters zaubert mir täglich bei meiner Morgengymnastik ein Lächeln ins Gesicht.
Ich wusste, dass die Arbeitsbedingungen für Schauspieler hart sind, aber ich hatte keine Ahnung, was es für verrückte und den Schülern alles abfordernde Übungen in der Schauspielausbildung gibt; das ist spannend zu lesen, und meine Hochachtung für den Schauspielberuf ist noch gestiegen. Meyerhoff ist inzwischen nicht nur ein bekannter Schauspieler, er ist auch ein begnadeter Erzähler – ich war betrübt, als das Buch zu Ende war. Dies ist der 3. Band der Trilogie Alle Toten fliegen hoch. Ich kannte die ersten beiden Teile nicht, das hat beim Lesen aber überhaupt nicht gestört. Der Autor ist für mich eine echte Entdeckung. Vielen Dank an Ellen und Reinhard für diesen Tipp.