Mitfühlend, warmherzig, und auf eine zutiefst menschliche Art beschreibt Haruf die Lebenswege der Bewohner einer fiktiven Kleinstadt in Colorado. Niemand hat hier ein einfaches Schicksal. Da gibt es zwei alte Viehzüchter, die erst den Weggang ihrer Ziehtochter verkraften müssen und für die es dann noch viel dicker kommt. Ein Ehepaar haust mit seinen beiden Kindern in einem heruntergekommenen Trailer und bemüht sich nach Kräften, aber doch stets am Rande der Überforderung, gut für diese Kinder zu sorgen. Ein elfjähriger Junge lebt allein mit seinem kranken Großvater und kümmert sich rührend um ihn. Eine von ihrem Mann verlassene Frau kämpft für sich und ihre Töchter um ein würdiges Leben.
Haruf bildet die Realität ab, das Leben dieser Menschen, und wir sind mittendrin bei den Figuren, verfolgen ihr Schicksal, leiden und hoffen mit ihnen. Manche Passagen sind schwer zu ertragen, man wünscht sich so sehr, dass das Leben gnädig sein möge und muss doch lesen, wie es weiter bergab geht. Aber immer wieder gibt es auch Hoffnung, Mitmenschlichkeit und sozialen Zusammenhalt. Und ganz ohne Trost entlässt Haruf uns nicht.
Das meiste ist in einer schnörkellosen, fast kargen Sprache geschrieben, die aber immer wieder mal von langen Passagen mit detaillierten Tätigkeitsbeschreibungen unterbrochen wird. Ein zu Beginn gewöhnungsbedürftiger Schreibstil, der aber schnell einen großen Sog entwickelt und eine große Intensität. Man bleibt dran, man will wissen, was mit den Figuren passiert. Berührt und beeindruckt habe ich dieses Buch aus der Hand gelegt. Den Autor werde ich mir merken.