Hallux Op – 6 Monate danach

„Wie geht’s?“ Diese einfache Frage hat inzwischen für mich eine ganz andere Bedeutung bekommen. Den hohen Stellenwert von Mobilität kenne ich jetzt zur Genüge. An alle Hallux-Mitstreiter: Unterschätzt diese OP nicht! Das gesamte Fuß-Gefüge verändert sich und es ist ein weiter Weg zurück zum normalen Gehen. Ich habe aber viel gelernt, nicht nur über meine Füße, die ich inzwischen deutlich liebevoller betrachte und behandle.

Mein wichtigstes Fazit nach diesen sechs Monaten: Es klafft eine sehr unerfreuliche Lücke zwischen Krankenhaus (OP) und den nachfolgenden Behandlern (Physiotherapie, Spiraldynamik). Ganzheitliche Betrachtung: Fehlanzeige! Nicht nur dass man beim Krankenhaus um Rezepte betteln muss, es fehlen wichtige Hinweise, es gibt widersprüchliche Aussagen – fast alle Tipps habe ich entweder bei den Therapeuten oder durch eigene Recherche erhalten. Ohne ständiges Mitdenken, Ohren aufhalten und ohne sehr sehr fleißiges, tägliches Üben geht gar nichts!

Ich kann inzwischen wieder annähernd normal gehen, ein großartiges Gefühl. Aber der Zeh tut immer weh, es ist eine Mischung aus taub und schmerzhaft. Die Behandler sagen, es dauert bis zu einem Jahr, bis alles wieder richtig gut ist. Wenn es denn gut wird … In meinem Fall könnte eine erneute OP drohen, weil der Zeh immer noch zu hoch steht, die Sehne verkürzt ist. Ich halte mich an den Spruch: „Everything will be okay in the end, if it’s not okay, it’s not the end!“

Weitere Infos und Tipps gebe ich gerne an Interessierte weiter. 

Praktische Tipps für Hallux OP

Ich bin vor kurzem am Hallux operiert worden, und da ich inzwischen weiß, wie viele Frauen bzw. Menschen mit dem Hallux Probleme haben und sich fragen, ob sie sich operieren lassen sollen, habe ich ein paar wichtige Erkenntnisse und (hoffentlich) wertvolle Tipps aufgeschrieben.

Phase 1, Rund um die OP (mein Befund: mittelschwer, OP nach Chevron). Da man nach der OP in der Regel für mehrere Wochen sehr immobil ist, sollte man seeehr gründlich vorbereitet sein und ein paar  Wochen voraus denken: Termine und Erledigungen aller Art vorziehen, ausreichend Lesestoff besorgen, Lebensmittel einlagern, vorkochen und einfrieren. Unbedingt Hilfe organisieren für die ersten beiden Wochen. Schon vor der OP Termine für Physiotherapie und/oder Lymphdrainage vereinbaren, da man auf diese Termine sehr lange warten muss.

Vor und nach der OP drei Tage lang Arnica C 30 nehmen, das hilft bei der Wundheilung. Wer Magenprobleme hat und das übliche Schmerzmittel Ibuprofen nicht gut verträgt: Man kann sich auch Novalgin geben lassen. Das hilft allerdings nur gegen die Schmerzen, während Ibu gegen Schmerzen und Entzündung eingesetzt wird. Die bei Einnahme von Ibu empfohlenen, aber nicht unumstrittenen Säureblocker,  kann man ggfls. auch mit Heilerde ersetzen.

Mitnehmen ins Krankenhaus: Eine bequeme, am Fuß weite Hose, ein kleines Handtuch, zu essen und zu trinken, Lesestoff und den verordneten Entlastungsschuh, evtl. auch Krücken. Unbedingt für den anderen Fuß einen Ausgleichsschuh im Sanitätshaus besorgen! Kein Arzt hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass es diesen Ausgleichsschuh gibt, und die Kasse zahlt die 38,50 Euro nicht, aber dies ist der wichtigste Tipp überhaupt! Der Entlastungsschuh für den operierten Fuß hat nämlich eine sehr dicke Sohle, so dass man ohne den Ausgleichsschuh einen heftigen Schiefstand hätte. Die Investition lohnt sich! Vor der (ambulanten) OP zuhause neben dem Sessel oder der Couch  alles deponieren, was man hinterher gerne in der Nähe haben möchte – Schreibkram, Bücher, Zeitschriften, Getränke, Taschentücher, Telefon, Kalender, Fernbedienung – damit man nicht ständig um irgendetwas bitten muss. Direkt nach der OP soll und will  😉  man sich am besten überhaupt nicht bewegen.

Tja, und dann strikt den Anweisungen folgen: Möglichst wenig gehen, wenn, dann ausschließlich mit Entlastungsschuh, hochlegen, täglich ca. 5 x für 20 Minuten kühlen mit kleinen weichen Kühlpads, die man in ein Handtuch wickelt. Oder mit Tiefkühlerbsen. Nach dem Fäden ziehen den Fuß mit Narbensalbe eincremen; es ist nicht wissenschaftlich erwiesen, dass das hilft, aber auf jeden Fall ist es sehr angenehm, es macht den Fuß geschmeidiger. Ein Duschhocker erleichtert das Duschen (Duschen ist erst nach dem Fäden ziehen erlaubt).

Viel sitzen und liegen klingt erst mal sehr gemütlich, hat es aber durchaus in sich. Ich habe mir ein Schaffell für den schmerzenden Hintern besorgt und immer wieder diese Übung gemacht: Pobacken mit gedachter Münze dazwischen anspannen. Generell ist Gymnastik sinnvoll, für den Kreislauf und damit nicht alles aus dem Lot gerät. Alles, was den Fuß nicht belastet, ist erlaubt: Fahrrad fahren in der Luft, Bauchmuskelübungen, Rücken mobilisieren etc. Und die Zehen sollen auch selbsttätig bewegt werden. Zu diesen Themen unbedingt den Arzt löchern! Ganz wichtig: viel Zeit einplanen – es dauert alles viel länger als sonst – waschen, duschen, anziehen, die Wege zwischen Bett, Bad und Sessel.

Und: Auf Rückschläge gefasst sein! Bei mir lief alles super, aber in der dritten Woche schwoll mein Fuß auf einmal sehr an und schmerzte. Schwellungen sind normal, aber ich hatte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr damit gerechnet und war irritiert. Umschläge mit Retterspitz sind gut. Geholfen hat mir eine Aussage, die ich auf einem sehr guten Blog gefunden habe: „Der Zeh nimmt es übel, dass er nun eine neue Richtung einschlagen soll.“ (draufgaengerin.de.  https://www.draufgaengerin.de/weil-kein-schuh-mehr-passt-hallux-valgus-operation/#more-3992). Man sollte es sich so nett wie möglich machen – ein spannendes Buch und eine fesselnde TV-Serie helfen ungemein. Und sich drauf einlassen, mal aus dem Hamsterrad auszusteigen und die Ruhe anzunehmen. Auch wenn es eine erzwungene Ruhe mit einigen unangenehmen Begleiterscheinungen ist …

In einer Woche beginnt die nächste Phase, dann sind vier Wochen rum, es wird geröntgt und entschieden, ob ich den Entlastungsschuh noch weiter tragen muss und ob ich dann etwas weitere Kreise ziehen darf beim Humpeln. Dann startet auch die Physiotherapie. Sollten sich noch wichtige Erkenntnisse ergeben, werde ich berichten. Wer Fragen hat an mich – nur zu!