Anrührend, witzig, tragisch, ergreifend, spannend – was lässt sich Besseres über einen (Unterhaltungs-)Roman sagen? Das Buch erzählt die Geschichte der elfjährigen Florine, die mit ihrer Familie ein unbeschwertes Leben in einem Fischerdorf an der Küste von Maine führt. Doch dann verschwindet ihre Mutter Carlie spurlos, und von jetzt auf gleich ist nichts mehr, wie es war. Man bangt und hofft mit Florine, begleitet sie bei ihren Nachforschungen und leidet mit ihr, wenn wieder einmal eine Spur ins Leere führt. Um sie herum kehren alle nach und nach in den Alltag zurück, doch Florine wehrt sich nach Kräften dagegen.
Die Jahre vergehen, Florine wird langsam erwachsen, mit allem, was dazugehört. Sie muss noch mehr Schicksalsschläge verkraften, aber am Ende gewinnt sie auch etwas sehr Kostbares. Das ist mit so viel Humor, Menschlichkeit und Einfühlsamkeit beschrieben, dass es einem ganz warm ums Herz wird. Alle Charaktere sind stark und differenziert gezeichnet. Ich fühlte mich ruckzuck als Teil der kleinen Dorfgemeinschaft im wunderschönen Neuengland.
Und die Bilder, die die Autorin findet, sind einfach umwerfend:
„… mit einer Stimme, die so tief war, dass sie über den Boden zu schleifen schien.“
„Weil meine Augen sich anfühlten, als hätte jemand Ziegelsteine draufgelegt.“
„Meine Gedanken rutschten durcheinander wie Pantoffeln auf gebohnerten Dielen.“
„Als sie hinausging, färbte sich ihr Kielwasser schwarz, dann mischten sich Grau- und Weißtöne darunter.“
„Nadelspitze Türme“, „schneespitzige Berge“, „katzenbucklige Inseln.“
Drei Jahre ist es her, dass ich den zauberhaften (Entwicklungs-)Roman über Florine gelesen und genossen habe. Der Titel wurde ein Bestseller in Deutschland. Jetzt ist eine Fortsetzung erschienen. Da drängt sich sofort die Frage auf, kann das gut gehen? Ist Florines Geschichte nicht auserzählt? Hat die Autorin nur dem Drängen des Verlags nachgegeben, der erneut gute Absatzzahlen witterte?
Der Nachfolgeband heißt „Eisblaue See, endloser Himmel.“ Ich lese ihn gerade und werde berichten …