Recherche mit Hindernissen – oder vom digitalen Spazierengehen

Für mich war es klar, ich begebe mich für vier Wochen an den Ort, über den ich schreiben will und lasse Umgebung, Klima, Flora und Fauna auf mich wirken. Schaue mir die Menschen an, höre ihnen zu und sauge Stimmungen auf. Doch Corona ließ die Reise nicht zu. Zum Glück war ich vor zwei Jahren im Périgord, dem geplanten Schauplatz, gewesen. Der Aufenthalt mit all seinen Facetten hatte mich begeistert, und die holländischen Vermieter unserer Ferienwohnung hatten mich überhaupt erst auf die Idee für das Romanthema gebracht. Ich hatte also ein grobes Bild vom Schauplatz, aber das hätte unbedingt vertieft werden müssen! 

Da es sich beim Périgord um eine touristisch attraktive Gegend und beim Städtchen Sarlat und die Dörfchen im Umfeld um Besuchermagneten handelt, habe ich reichlich Material im Internet gefunden – schöne Fotos und viele Filme mit tollem Informationsmaterial und geführten Spaziergängen durch die Orte, an denen ich den Roman ansiedeln wollte. Und ich erfuhr, dass Helena, die nette Holländerin, einen Blog über ihr Auswanderabenteuer geschrieben hatte. Die (natürlich auf holländisch geschriebenen) Blogbeiträge habe ich mit deepl.com (ein gutes Übersetzungsprogramm) ins Deutsche übertragen und mich davon inspirieren lassen. Und mich teilweise köstlich amüsiert über die drollige Übersetzung; letztlich konnte ich aber immer erahnen, was gemeint war. 

Parallel dazu habe ich in Reiseführern über die Gegend gelesen und mir Unmengen von Büchern zum Thema Frankreich zugelegt, eine kleine Auswahl: Fettnäpfchenführer FrankreichSo sind sie, die FranzosenSavoir-Vivre, leben wie eine FranzösinIm Ausland leben für Dummies. Mit all diesen Instrumenten habe ich mich in eine „französische Stimmung“ versetzt. Im September 2020 habe ich es dann doch noch nach Frankreich geschafft, zwar nur für zehn Tage, aber die Zeit war sehr wertvoll, um das Frankreich-Feeling noch einmal aufzupolieren. Auswanderin Helena hat mir kostbare Stunden gewidmet und viel von ihren Erfahrungen berichtet. Das hat mir noch mal einen guten Schub gegeben. Dennoch – es war ein schwieriges Romanprojekt. In Kürze mehr dazu.

Ein Roman entsteht – oder wie es dieses Mal begann

Ein Thema zu finden oder sich für eins zu entscheiden, ist die erste große Hürde für mich. Ist nicht über alles schon geschrieben worden? Von Menschen, die mehr zu sagen haben als ich? Doch manchmal hilft der Zufall nach. Vor zwei Jahren haben wir im Frankreich-Urlaub eine holländische Familie kennengelernt, die sich mit ihren beiden Kindern im Périgord eine neue Existenz aufgebaut hat. Das fand ich so spannend, dass ich Lust bekam, mich mit dem Thema Auswandern zu beschäftigen und darüber zu schreiben. Was treibt Menschen an, ihr Heimatland zu verlassen, und wie steinig ist der Weg zu einem neuen Zuhause im Ausland? Was macht das mit einer Beziehung? Wie reagieren Kinder, die in der Regel keine Veränderung mögen, auf solche Pläne? Was sagt das Umfeld? Kann man Auswandern innerhalb der EU überhaupt als Auswandern bezeichnen?

Es geht also in meinem Roman (noch ist es ein Manuskript!) um eine Familie mit zwei Kindern auf dem Weg zu einem möglichen Neuanfang in Frankreich – es geht um Wünsche und Hoffnungen, um Zweifel, Zwiespältigkeiten, Ängste, Widerstände, Rückschläge und um all das, was es für so ein Vorhaben braucht – Mut, Begeisterung, Energie und vor allem eine Vision. 

Zu Beginn des vorigen Jahres habe ich begonnen, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Teil des Plans war natürlich, zunächst in Frankreich zu recherchieren und die holländische Familie nach ihren Erfahrungen zu fragen. Für April war ein längerer Aufenthalt geplant. Doch dann kam Corona … Fortsetzung folgt!