Als ich das erste Mal beauftragt werde, mit der vierzehn Monate alten Enkelin zum Babyturnen zu gehen, ist zum Glück Sommer. Das macht das komplizierte Anziehen um einiges leichter, erspart mir aber nicht, die sperrigen Kinderfüßchen in die winzigen Schühchen zu zwängen, die ersten Schweißperlen bilden sich. Zum Glück ist nur eine Treppe zu bewältigen, mit Kind auf dem einen Arm und Wickeltasche am anderen (was um Himmelswillen ist denn da alles drin, wir wollen doch nicht verreisen?), dann stehen wir vor dem Kinderwagen im Flur. Was hatte meine Tochter noch gesagt, setzt sie Hannah in den Wagen und ruckelt dann Kind und Karosse die Treppenstufen vor der Haustür herunter, oder stellt sie das Kind auf die Erde, hofft, dass es sich nicht von der Stelle rührt, und schafft dann erst den Kinderwagen auf die Straße?
Ich entscheide mich für die erste Variante, nicht zuletzt deshalb, weil ich mich im Hausflur unbeobachtet fühle. Die Wickeltasche hat Wackerstein-Dimensionen, sie verfügt aber angeblich über ganz einfache Klickverschlüsse, mit der sie wie von Zauberhand am Kinderwagen landen soll, leider nicht bei mir. „Innen, Mama, nur innen befestigen“, klingt mir noch im Ohr. Innen? Hannah sitzt inzwischen mit großen Augen im Kinderwagen und verfolgt aufmerksam mein Tun. Auch sie muss ja noch festgeschnallt werden, hektisch sortiere ich Gurte, prüfe und verwerfe Möglichkeiten, murmele beschwörende Worte vor mich hin, um sie und mich zu beruhigen. Dann nehme ich einen neuen Anlauf für die Wickeltasche, irgendwie schaffe ich es, das mit Gläschen, Keksen, Müsliriegeln, Saftfläschchen, Windeln, Schnuller und Schmusetuch bestückte Ding am Kinderwagen fest zu bekommen. Leider hat Hannah dabei einen Zipfel des für kritische Situationen reservierten Tuchs erhascht und verlangt vehement danach. Ich gebe es ihr, auch wenn ich voraussehen kann, dass es Bekanntschaft mit dem Boden machen wird. Puh, jetzt das mit Baby und Ballast bestückte Gefährt irgendwie aus der schwergängigen Haustür bekommen und die Stufen runterpoltern. Uff, ein Blick auf die Uhr zeigt, wir könnten es noch rechtzeitig schaffen.
Frohgemut schreite ich aus, etwas beschämt ob meiner Ungeschicklichkeit, aber auch beglückt ob unserer ersten gemeinsamen Ausfahrt mit gewichtigem Ziel. Doch was ist das, es tröpfelt, nein, es tropft, es regnet. Ohne das verhasste Regenzeug werden wir es nie und nimmer trocken bis zur Turnhalle schaffen. Musste der Himmel just jetzt seine Schleusen öffnen? Ich krame die Schutzfolie unter dem Wagen hervor und begegne Hannahs Blick, wir halten stumme Zwiesprache. Als wüsste sie um die bis zum äußersten gespannten Nerven ihrer Großmutter, lässt sie es über sich ergehen. Gutes Kind! Und wir schaffen es pünktlich: Enkelin trocken und fröhlich, Oma fix und fertig.