„Exit Marrakech“ von Caroline Link

Wäre ich mit dem Vorsatz angetreten, hier nur besonders gute Filme vorzustellen, hätte dieser außen vor bleiben müssen. Ich habe den Film gerne angeschaut (was viel an den hervorragenden Schauspielern und den wunderschönen Bildern liegt), aber er hat auch Schwächen, hinterlässt ein ambivalentes Gefühl.

Der 17-jährige Ben (toll gespielt von Samuel Schneider, den ich bisher nicht kannte) soll in den Ferien seinen Vater Heinrich (Ulrich Tukur, gewohnt gut), in Marrakech besuchen, wo dieser als Regisseur an einem Theaterfestival teilnimmt.

Ben ist auf Konfrontationskurs gegenüber seinem Vater, den er nach der Trennung seiner Eltern wenig zu Gesicht bekommen hat. Vater und Sohn haben sich wenig zu sagen, der Vater bleibt am liebsten am Hotelpool und taucht mit einem Buch in eine Phantasiewelt ein, den Sohn reizt die Realität – in Marrakech – und er lässt sich vom bunten exotischen Treiben mitreißen. Er folgt einer jungen Prostituierten, mit der er sich anfreundet, in ihr entlegenes Bergdorf. Der Vater, der sich große Sorgen um seinen diabeteskranken Sohn macht, setzt sich notgedrungen in Bewegung, um Ben zu suchen. Die gemeinsame Rückfahrt, bei der es eine Reihe von Hindernissen zu überwinden gilt, bringt die beiden einander näher. Am Ende des Films ist Ben bereit, seine Halbschwester kennenzulernen, er ist erwachsen geworden.

Betörende Landschaftsaufnahmen verzaubern den Betrachter, idyllische Ansichten wechseln mit beklemmenden im Rotlichtviertel von Marrakech. Was mir auch gut gefallen hat: der Film spielt mit den Erwartungen des Zuschauers, tauchen etwa ein wenig finster aussehende Gestalten auf, argwöhnt man gleich, es könne sich um Kriminelle handeln, die es auf Bens Portemonnaie samt Kreditkarte abgesehen haben. Auch die Beziehung zu der jungen Prostituierten nimmt eine andere Wendung als gedacht.

Aber: die Geschichte ist nicht stringent erzählt, manches scheint hineingeschrieben, weil es dramaturgisch „hilft“, die Eröffnungsrede des Schuldirektors (Josef Bierbichler) ist allzu plakativ und mit erhobenem Zeigefinger, die junge Frau, in die Ben sich verliebt, bleibt auf der Hälfte des Films auf der Strecke. Dennoch: der langsamen Annäherung von Vater und Sohn zuzusehen, wärmt das Herz. Allerdings erreicht Caroline Link nach „Jenseits der Stille“ und „Nirgendwo in Afrika“ nicht die Dichte und Intensität dieser Filme.