„Der leuchtend blaue Faden“, von Anne Tyler

Empfehlenswert oder nicht? Ich war sehr gespannt auf den neuesten 51bcbo+m8GL._SX304_BO1,204,203,200_Roman von Anne Tyler – Tyler wird seit Jahren von den Medien hoch gelobt und ist Trägerin verschiedener Preise. Auch ich schätze ihre unvergleichliche Beobachtungsgabe, den leichten, eleganten Schreibstil und ihre wunderbar gezeichneten Charaktere. „Der leuchtend blaue Faden“, lässt mich jedoch ein wenig unentschieden zurück.

Nicht, dass ich es nicht gerne gelesen hätte! Tyler erzählt die Geschichte der Familie Whitshanks. Im Zentrum steht das Ehepaar Abby und Red, das langsam in die Jahre kommt. Ihre vier Kinder, zwei Töchter und zwei Söhne, haben inzwischen selber Kinder. Sohn Denny hat die Rolle des Schwarzen Schafs, mit ihm beginnt und endet die Geschichte. In einem langen Rückblick geht es um die Großeltern, Junior und Linnie Mae, die Eltern von Red. Junior hat das Haus der Familie gebaut, das Haus in der Bouton Road, das in der Geschichte eine tragende Rolle spielt.

Eine Handlung im eigentlichen Sinne gibt es nicht, Tyler webt aus vielen einzelnen Episoden die Geschichte einer Familie über drei Generationen. Das ist komisch, witzig, anrührend, traurig – und es sind oft Situationen, die einem bekannt vorkommen. Alles wie immer von Tyler grandios beobachtet und zu Papier gebracht. Aber dennoch fehlt etwas, das Bild rundet sich dieses Mal nicht wie gewohnt, und die Charaktere sind bei weitem nicht so markant wie sonst. So bleibt es bei einem zwiespältigen Gefühl bei mir. Wer Anne Tyler in Hochform erleben will, sollte lieber „Die Reisen des Mr. Leary“ lesen, um nur eines von ihren wirklich faszinierenden Büchern zu nennen.