„Sungs Laden“, von Karin Kalisa

Ach ja, auch so könnte die Welt sein: Voller Verständnis für andere Kulturen, voller Empathie für die Mitmenschen, voller Elan für verrückte Aktionen, die das Leben ein kleines bisschen bunter und lebenswerter machen. Die Geschichte spielt in Berlin, im Prenzlauer Berg und beschreibt, wie sich waschechte Berliner und eingewanderte Vietnamesen nach und nach näherkommen. Es ist ein Märchen mit vielen Passagen, die für gute Laune sorgen, in der Geschichte ebenso wie beim Leser: „Über sein bärtiges Gesicht zog sich ein breites Grinsen, das mehrere Tage nicht daraus weichen wollte. Selbst nachts nicht“. (…) Seine Frau machte eine Skizze davon und „zeigte sie später jedem, der nicht glauben wollte, dass sie einen Mann an ihrer Seite hatte, dessen diebischer Spaß an einer schrägen Idee sich so tief in seine Mundwinkel und Lachfältchen gemeißelt hatte, dass sie selbst den Delta-Wellen des Tiefschlafes standhielten.“

So beginnt es: Der Direktor der Grundschule im Prenzlauer Berg ruft auf Druck des Schulamts eine „weltoffene Woche“ aus und fordert alle Schüler auf, etwas aus ihrer „Hintergrundkultur“ in die Schule mitzubringen. „Alles, nur nichts zu essen“, lautet die Anweisung, die den kleinen Minh und seinen Vater Sung tüchtig ins Schwitzen bringt. Doch die Oma weiß Rat und schleppt am nächsten Tag mit ihrem Enkel eine große hölzerne Puppe mit in die Schule. Das sorgt für tüchtig Aufsehen und setzt die Dinge in Gang …

So manches Ressentiment gegenüber Fremden wird da auf leichte Art und Weise offengelegt. Wunderbar z.B. die Beschreibung, wie der Opa seinen Enkel dazu anhält, die Rechtschreibfehler auf den Preisschildern des vietnamesischen Gemüsehändlers zu suchen – und dann erkennt, wie diese Fehler zustande kommen – und sehr nachdenklich wird.