„Die Glasglocke“, von Sylvia Plath

Plath hat nur diesen einen (stark autobiografischen Roman) geschrieben, durch den sie weltberühmt wurde. Ich habe dieses Buch im Anschluss an „Du sagst es“ gelesen, den Roman, der die Amour fou zwischen Plath und Hughes aus der Sicht von Hughes thematisiert. Jetzt wollte ich im Gegenzug etwas über Plath erfahren und mir diesen Klassiker der Frauenliteratur vornehmen. Die junge, ehrgeizige und hochintelligente Volontärin Esther gewinnt als Preis einen Job bei einer Modezeitschrift in New York. Genießen kann sie die Zeit nicht, sie fühlt sich „sehr still und sehr leer, so wie sich das Auge eines Orkans anfühlen muss, das träge in der Mitte des Klamauks dahin treibt.“ Esther schwankt hin und her zwischen dem Wunsch, eine berühmte Autorin zu werden und dem Druck, den gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen, Ehefrau und Mutter zu sein. Als sie eine Absage der Harvard University erhält, bei der sie sich um Aufnahme beworben hatte, gerät sie in eine tiefe Krise und empfindet zunehmend ihr Leben wie „unter einer Glasglocke sitzend, in meiner eigenen sauren Luft schmorend.“ Ihre depressive Veranlagung bricht sich mehr und mehr Bahn und sie begeht einen Selbstmordversuch. Sie wird in eine Klinik eingewiesen und mit Schocktherapie behandelt. Nur äußerst mühsam und mit immer wieder quälenden Rückschlägen erholt sich die junge Frau.

Plath schreibt dicht, stilistisch elegant, teils humorvoll, teils sarkastisch und findet immer wieder tolle Bilder (wie das einprägsame Bild der Glasglocke). Aber dennoch hat die Geschichte mich nicht durchgängig gepackt. Vielleicht weil die schockierenden Behandlungsmethoden und Esthers innere Qualen mit einer gewissen Distanz, quasi sezierend, beschrieben werden?

Plath wurde vom Feminismus verehrt wie eine Heilige. Weil sie den Rollenkonflikt und ihre Angst vor einem bürgerlichen Leben als Hausfrau und Mutter so intensiv thematisiert? Weil ihr Ehemann sie angeblich in den (frühen) Tod getrieben hat? Aus dem Roman „Du sagst es“ von Connie Palmen wissen wir, mit welcher Unbedingtheit Plath sich in die Beziehung mit Hughes gestürzt und sich eine Zeitlang der Illusion hingegeben hat, beides miteinander vereinbaren zu können, ihre schriftstellerischen Ambitionen und die Fürsorge für die Familie. Doch als Hughes aus der Ehe ausbrach, fiel das fragile Gebilde auseinander und Plath’s depressive Tendenzen gewannen die Oberhand. Hughes hat sie also, „typisch Mann“, im Stich gelassen und ist somit der Verräter – und Plath die Märtyrerin. Dass dies zu kurz gegriffen ist, erzählt der Roman von Palmen,  der Hughes’ Sicht der Dinge zur Sprache bringt und der bei mir letztlich mehr Eindruck hinterlassen hat als „Die Glasglocke“.

Auch wenn Plath die Beziehung zu Hughes in ihrem Roman gar nicht aufgreift (was ich erwartet hatte) – es ist absolut empfehlenswert, die beiden Romane im Doppelpack zu lesen.