Daniela Krien, Die Liebe im Ernstfall

Ein Buch über fünf Frauen, überwiegend für Frauen? Männer kommen in diesem Buch schlecht weg. Sie sind verbissene Weltverbesserer, Wankelmütige, Weicheier und Fremdgeher – Ausnahmen bestätigen die Regel. Jede der fünf Frauen sehnt sich nach einer intakten Beziehung, doch alle kämpfen mit den Widrigkeiten der Liebe, mit Verletzungen, Verlusten und Brüchen, jede auf ihre ganz eigene Art und Weise. Es ist ein Kreislauf des Scheiterns, denn die Frauen stehen alle in einer Beziehung zueinander und was die eine gerade schmerzlich durchmacht, hat sie der anderen vielleicht selber zugefügt. Das ist perfekt analysiert und mit guter Beobachtungsgabe sprachgewandt auf den Punkt gebracht. Teilweise bissig, teilweise mit liebevoller Anteilnahme, immer sehr genau. Kriens Devise: „Man muss die Liebe vom Ernstfall aus betrachten.“ Ihr Interesse gilt also dem, was passiert, wenn das Leben grausam zuschlägt. Ihre Sichtweise ist kritisch: „Alle Erwachsenen richten je nach Grad ihrer Beschädigung mehr oder weniger Unheil in dieser Welt an.“

In jeder Frau findet man ein Stück von sich, findet man Gedankengänge, die einem vertraut sind. Allerdings auch vieles, was mir persönlich eher fremd ist. Was es aber interessant macht: Jede Lebensgeschichte wird von mehreren Seiten beleuchtet. Alle fünf Frauen sind miteinander verbunden und ihre Geschichten werden nacheinander erzählt, aber jeweils aus der Perspektive einer anderen. Und so etwas wie Frauensolidarität gibt es auch und damit einen optimistischen Ausblick – im Dankeswort schreibt die Autorin, dass ihre Tochter ein Faible für Happyends hat und dass sich das niedergeschlagen hat. Für dieses halbwegs positive Ende bin ich dankbar. Trotz aller Aufgeschlossenheit, die vom Leben geschlagenen Wunden nicht zu leugnen, sondern sehr wohl genau hinzugucken – zu düster wäre mir sonst die Grundstimmung gewesen. 

„Das erste Jahr ihrer Ehe“, von Anita Shreve

41Q3FIL81bL._SX319_BO1,204,203,200_Einen Fünftausender zu besteigen ist eine riesige Herausforderung, und es ist sicher nicht ungefährlich – vor allem, wenn man untrainiert ist wie die junge Margaret, die das erste Jahr ihrer Ehe mit ihrem Mann Patrick in Afrika verbringt. Als die Idee aufkommt, gemeinsam mit zwei anderen Paaren den Mount Kenya zu besteigen, zögert die junge Frau kurz, aber sie lässt sich auf das Abenteuer ein.

Der beschwerliche Aufstieg führt nicht nur Margaret an ihre Grenzen; ihre fehlende Fitness behindert die Gruppe und vertieft Spannungen, die schon vorher schwelten. Als die sechs einen Gletscher überqueren, kommt es zur Katastrophe, und einer von ihnen stürzt in den Tod. Alle sind sich einig: Margaret trägt die Schuld daran. (Die Begründung dafür ist ein wenig dünn).

Danach ist nichts mehr wie es war. Das junge Ehepaar muss sich mit Themen wie Schuld, Vergebung, Eifersucht und Entfremdung auseinandersetzen. Ein Jahr nach dem Unfall auf dem Gletscher schlägt Patrick vor, erneut den Mount Kenya zu besteigen, dieses Mal bis zum Gipfel, um mit den tragischen Ereignissen von damals endgültig abzuschließen und wieder nach vorn zu schauen. Kann das die Lösung für die Eheprobleme sein?

Shreves Stil ist kühl, stellenweise ist es fast eine Art Berichterstattung. Ihre Themen drehen sich stets um Liebesbeziehungen, um Paare, die auf die eine oder andere Art in Schwierigkeiten geraten oder unter komplizierten Bedingungen zueinander finden. Sie ist eine genaue Beobachterin, die typischen Beziehungsszenen (Eifersucht, Gefühl von Unzulänglichkeit, Sprachlosigkeit, Gleichgültigkeit) schildert sie so, dass man sich darin wiedererkennen kann. Anita Shreve ist eine Vielschreiberin; ich habe nahezu alle Romane von ihr gelesen und fand sie alle gut, die meisten allerdings besser als diesen.

Fazit: nicht ganz die übliche Shreve-Qualität, aber doch gut zu lesen.