„Glückskind“, von Steven Uhly

Dieser kleine Roman ist ein Glücksfall. Er erzählt die Geschichte von Hans, einem älteren Mann, der ein Baby im Müll findet und es zu sich nimmt. (Im Buch heißt es anfangs „ein alter Mann“ – das widerstrebt mir, er ist doch erst 59 Jahre alt!)

Das Baby stellt das Leben von Hans total auf den Kopf. Eben noch Messie und völlig aus der Spur geraten, bringt die neue Verantwortung Hans dazu, sich aus seiner Lethargie zu befreien, sein völlig vernachlässigtes Äußeres zu pflegen und freundschaftliche Beziehungen zu bisher sorgsam gemiedenen Nachbarn einzugehen. Hans lebt auf und klammert sich an sein Glück in Gestalt eines kleinen Mädchens wie ein Ertrinkender – aber muss sich doch der Realität stellen. Denn dieses Kind hat ja bereits eine Familie, es gibt eine Mutter, die es in den Müll gelegt hat, einen Vater, Geschwister. Und es gibt einen Rechtsstaat mit seinen Behörden, die natürlich alles daran setzen, die Dinge in die vorgesehene Ordnung zu bringen.

Parallel zu dem berührenden Prozess von Hans’ Entscheidungsfindung wird enthüllt, wie es so weit kommen konnte in seinem Leben, wie er aus allen Bezügen kippen konnte und kurz davor war, völlig abzudriften. Mit einfacher, aber eindringlicher Sprache schildert Uhly die Geschichte von Felizia, dem Glückskind, und Hans, dem behausten Penner:

„Vor ihm tut sich ein Tunnel auf, der in die Zukunft führt. Er ist voller Kleidung, Bettzeug und Handtücher, die regelmäßig gewaschen, getrocknet und verstaut werden müssen, voller Böden, die jede Woche geputzt sein wollen, voller Müll, der nichts in der Wohnung zu suchen hat, den er regelmäßig hinunterbringen muss, voller Teller, Tassen, Gabeln, Messer, Löffel, die sich nicht selbst spülen. Der Tunnel ist so voll von diesen Dingen, das kaum  …“

Ich habe mitgefiebert, wie wird Hans sich entscheiden? Was geschieht mit der (geständigen) Mutter? Wird Hans’ Leben in der neu gefundenen Spur bleiben oder wieder aus der Kurve fliegen?