„Raumpatrouille“, von Matthias Brandt

Der (völlig zu Recht?) beliebte Schauspieler erzählt aus seiner Kindheit in der damaligen Hauptstadt Bonn. Die prominente Familie lebt in einem „zu großen, weißen Haus, in dem wir alle uns so leicht verpassten.“ Die Hausangestellten und das Sicherheitspersonal sieht Brandt häufiger als seinen Vater Willy. Über ihn schreibt er nicht viel, aber die wenigen Szenen sind anrührend und eindrücklich zugleich. Seine Mutter Rut nimmt etwas mehr Raum ein, da fallen dann so schöne Sätze wie: „Mein Lächeln hätte alles Mögliche bedeuten können, das hatte ich mir bei meiner Mutter abgeguckt.“

Brandt erzählt von seiner kurzen Karriere als Ersatz-Torwart, von einem missglückten Ausflug zur Kirmes, von einer Übernachtung bei seinem Freund, bei der er eine ihm völlig fremde, geordnete und spießige Welt kennenlernt. Die vierzehn Geschichten lesen sich allesamt locker, und sie sind teilweise sehr witzig, aber es schwingt auch oft Trauriges mit, Wehmütiges. Die Übernachtungsstory hat mich sehr berührt. Ich kann das Erzählte gut mit dem erwachsenen Schauspieler in Einklang bringen.

Bei der Lektüre fühlte ich mich oft zurückversetzt in die eigene Kindheit mit ihren vielen Rätseln, intensiven Gefühlen und Geheimnissen. So findet Brandt auf dem Nachttisch seiner Mutter das Simmel-Buch „Niemand ist eine Insel.“ Und fragt sich, für mich nachvollziehbar:„Wenn niemand eine Insel war, wer war dann dieser Niemand?“

Das Büchlein bietet also beides: Erinnerungen an die eigene Kindheit und Eintauchen in das Leben eines kleinen Jungen, dessen Vater zufällig gerade Bundeskanzler ist. Von mir aus hätten es noch viel mehr Geschichten sein können. Und ich werde wohl zukünftig noch lieber Filme mit Matthias Brandt anschauen. ?

„Blind Date mit der Liebe,“ von Kari Lessir

Das Buch behandelt ein interessantes Thema – die Liebe zwischen einer 51+XieF6-kLSehenden und einem Blinden. Die (mir persönlich bekannte) Autorin hat zum Buch selbst auch eine spannende Geschichte erzählt, dazu später mehr. Zum Inhalt: Nina, eine selbstbewusste, sportliche Frau Anfang Dreißig, kollidiert beim Joggen mit einem Mann, der sie energisch zusammenfaltet – was sie nicht bemerkt: er ist blind. Als sich die beiden kurz darauf abermals begegnen, wird ihr das aber schnell klar. Obwohl Jan ihr sympathisch ist, lässt sie sich nur zögernd auf eine Verabredung mit ihm ein. Zu viele Fragen sind damit verknüpft. Kann sie sich wirklich eine Beziehung mit einem Blinden vorstellen, mit jemandem, der auf ihre Hilfe angewiesen ist? Hat sie sich nicht immer einen richtigen Kerl gewünscht, einen, an den sie sich anlehnen kann?

Auch Jan, der – dank großartiger Unterstützung seines Bruders und mithilfe seines Blindenhunds Linus – im Alltag inzwischen gut zurechtkommt, ist unsicher, fühlt sich aber von Nina sehr angezogen. Als die beiden eine vorsichtige Annäherung wagen, kommt es zu dramatischen Ereignissen, die die schwierige Ausgangssituation noch einmal erheblich verschärfen.

Machen wir Sehenden uns über die praktischen Schwierigkeiten eines Blinden schon keine Vorstellung, so erst recht nicht über das Gefühlsleben. Die mit der Behinderung verbundenen Ängste, Unsicherheiten und Befürchtungen bringt Lessir uns gut näher, auf unterhaltsame, flott geschriebene Art und Weise. Ebenso die Aufgaben eines Blindenhunds, Linus schließt man schnell ins Herz.

Die Autorin hat erzählt, dass sie das Buch vor vielen Jahren unter anderem Titel veröffentlicht hat: Aus dem Blick – ein Titel, der mir sehr gut gefällt. Bei „Blind Date mit der Liebe“ gehen bei mir andere Lampen an. Aber unter dem neuen Titel (allerdings auch mit neuem Cover und inhaltlich überarbeitet) verkauft sich das Buch viel besser. Da wüsste man doch zu gern, wo dran es nun genau gelegen hat …

 

„Die Spuren meiner Mutter“, von Jodi Picoult

 

Toll, ein Buch von Jodi Picoult, das ich noch nicht kenne! So dachte ich, als ich in der Stadtbibliothek „Die Spuren meiner Mutter“ entdeckte. Sehr 4107vgqqwil-_sx313_bo1204203200_interessant sind (fast) alle Passagen, in denen es um die Elefanten geht; und es steckt mit Sicherheit aufwändige Recherche dahinter – ich wünschte, ich hätte all diese Kenntnisse über Elefanten gehabt, bevor wir seinerzeit in Namibia waren. Aber das ist auch so ziemlich das einzig Positive. Nachdem ich mich bis zur Hälfte (505 Seiten!) durchgemüht habe, wurde es im zweiten Teil besser – aber nicht wirklich gut. Vor allem das Ende ist ein ärgerlicher Twist, bei dem ich mich als Leser veräppelt fühle.

Wenn man bis zum Ende der Geschichte durchhält, versteht man, warum Picoult dem Verhalten der Elefanten einen so großen Stellenwert gibt – aber es ist (mir) alles eine Spur zu gedrechselt, zu langatmig – und in Anbetracht ihrer super Romane (Beim Leben meiner Schwester, Neunzehn Minuten) fand ich diesen einfach nur enttäuschend. Ich bin ärgerlich auf mich, dass ich bis zum Schluss durchgehalten habe, und auf die Autorin, dass sie ein Buch mit solchen Längen vorlegt, neben den erwähnten anderen Schwächen.